Deichkind – Aufstand im Schlaraffenland

M sagt: Musik nachbessern, bitte!

Connaisseur_M sagt dazu:
Persönliches Vorwort:
Um die Bedeutung dieser CD Rezension zu verstehen, ist es wichtig, die Vorgeschichte zu kennen. Die Vorgänger CD “Nur 5 Minuten Mutti” aus dem Jahre 2002 ist nämlich eine ganz besondere. Sie wird von uns frenetisch verehrt. Der Grund ist einfach: Dieses Album ist seiner Zeit einfach um Jahrzehnte voraus. Selten wurden Texte auf so hohem (humoristischen) Niveau mit einer Musik kombiniert, die in Worte zu fassen, fast unmöglich ist. Beim oberflächlichen hinhören meint man zunächst, das es sich um eine gelungene Parodie auf US-amerikanische Hip Hop und R’nB Musik handelt. Beim genaueren hinhören wird aber schnell klar, dass die Musik einfach eine Weiterentwicklung ins nächste Jahrtausend darstellt.

Daher sind wir der festen �berzeugng, dass man diese CD im Jahre 2185 mit Hilfe der dann verfügbaren psychoakustischen Spektralanalyse untersuchen wird. Man wird dann verblüfft feststellen, dass es im Jahre 2002 schlichtweg technisch unmöglich war, diese Sounds hinzubekommen. Man wird dann die Nachforschungen intensivieren, weil man wissen will, wie die Deichkinder Equipment aus der Zukunft erbeuten konnten. Doch man wird es nicht herausfinden. Die Jungs sind zu genial.

So, also das ist der Hintergrund. “nur 5 Minuten Mutti” ist DAS Ã?ber-Album für uns. Deichkind unerreichbare Götter.

Und nun die neue Scheibe: Das war besonders schwere Arbeit. Ich hab den Text hier sicher 6 mal umgeschrieben und vor- und zurück gedacht. Denn was machen die Jungs? Eigentlich genial, es kann nur eine Lösung geben: Man kann kein besseren Album machen, also macht man was ganz anderes. Nämlich “electroclash / bug beat / nu-breaks” mit deutschen Texten.

Text:
Apropos. Fangen wir mit dem Verbalteil an: Die genialen Texte wurden auf jeden Fall beibehalten, die Szenarien und Stories sind eher noch etwas verdrehter. Vieles klingt diesmal sehr sehr psychedelisch. Eigentlich ist das alles Gonzo-Texting a la Hunter S. Thompson. Insgesamt weis es zu begeistern und festigt den Ruf der Deichkinder als die heimlichen Grimme-Preis-Verdiener deutscher Unterhaltungsmusik. Einzelne Textzeilen und Reime jagen einem auch beim zehnten Mal hören noch einen Schauer über den Rücken, so genial sind sie. Alles richtig gemacht! So weit vorne ist weiterhin keiner!

Musik:
Die Musik wird wie erwähnt, deutlich in Richtung “Electro (-Clash), BigBeat, …” gedreht. So eine Art “Chemical Brothers mit deutschen Texten” (z.B. E.S.D.B. oder Silberweidenpark). Oder auch (Verzeihung Connaisseur_J) eine Art “anhörbare Mediengruppe Telekommander ohne Gitarren“.

Ganz ehrlich finde ich, dass die Jungs dabei aber deutlich zu kurz gesprungen sind. Wenn man also schon auf elektronisch macht, muss die Musik doch etwas innovativer sein. Klar, “Super Dance Band” ist OK, aber klingt etwas nach einem zu einfachen Chemical Brothers cover. Aber der Beat läuft einfach nur so durch. Und weiter geht’s nach gleicher Manier. “Prost” wäre ein idealier “Limit” Nachfolger gewesen, aber die Beats klingen wie Default Patterns aus einem Magix Musik Maker. Die Tracks haben die musikalische Innovation verloren. Es wirkt alles etwas wie hingeschustert, bzw. so als ob jemand ein Genre nur über Klischees covern will. Zwischen euren zwei Rezensenten ist ein Disput darüber entstanden, warum das so ist. Warum klingt die Musik so extrem bilig electroclashig (ganz schlimm: Papillion)? War das Absicht? Gehört das so? Ich sage: Nein, glaube ich nicht. Ist einfach schade, da so das ganze Konzept doch in Mitleidenschaft gezogen wird. Daher Petition hier und jetzt: Bitte fettere Beats, bitte ausgefeiltere Arrangements, bitte mehr Power. Trotzdem glaube ich, dass wir von dieser Art Musik insgesamt noch mehr hören werden. Das ist wohl jetzt (wieder?) Trend. Alle machen so was.

Fazit:
Der Gesamthöreindruck ist ein gemischter. Die CD kann man sich nicht so einfach durchhören, zu schwer verdaulich sind die Tracks. So richtig Big Beatig isses dann doch nicht, so richtig Electro auch nicht. Nicht falsch verstehen: Es ist immer noch Deichkind. Es knallt immer noch. Die Texte sind gaaaaanz weit vorne. Aber bei der Musik hätte man sich mehr mühe geben sollen, vor allem bei den Drums.
Wahrscheinlich haut das live aber richtig rein. Der Conaisseur_J hat ja einhellige Erfahrung.

Leider etwas schade. Textlich aber die Götter.

Anspieltipp:

  • 03. Remidemmi
    Hier sind die Deicher auf bekannt hohem Textniveau. Ein Kracher. Vermeintlich oberflächlich, aber dann doch wieder tiefsinnigste Kulturkritik.
  • 05. Show’n Shine
    Farbenfrohe Beschreibung einer Party einer immaginären Hochadelskaste.Der beste Track des Albums. Alles stimmt und harmoniert. Lyrisch ein Meisterwerk. Es besteht Hoffnung.
  • 11. Prost (mit Bo)
    Das ewig alte Saufgelage-inner-Disco-Thema in neuem Gewand. Nett.

Connaisseur_J sagt dazu:
Erstmal noch gar nix. Da diese CD wie oben beschrieben, ganz besondere Herausforderungen an den Connaisseur stellt, ist mein liebster Kollege nun erstmal 2 Wochen in die Berge (einsame Hütte und so), um sich in aller Ruhe nur diesem einzigen Album zu widmen… Artikel wird dannach re-posted.

In die CD reinhören:

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