Die fantastischen Vier – Fornika

Wir sagen: Blut ist eben dicker als Wasser…

Vorwort:
1. Es hat jetzt fast 2 Jahre gedauert, aber nun haben wir uns durchgerungen: Ab sofort gibt es die Rubrik Pop. Davor hatten wir immer Angst. Aber zum Glück können wir jetzt die neue Fanta-4 zum Anlass nehmen, und diese Rubrik einzuführen. Bei anderen CDs hätten wir uns das nicht getraut.

2. Wir klassifizieren dieses Album als definitives Gro?ereignis, egal wie es klingt (beim schreiben dieses Vorworts haben wir es noch nicht gehört). Und es drängt uns geradezu, einige Grundsätzlichkeiten zu klären: Leider haben wir vor dem Hören die ersten Kritiken gelesen. Und man lese und staune: Dort ist davon die rede, dass es nach dem “schlechten Vorgängeralbum VIEL” endlich was neues gäbe. Dass sich die Fantas nun endlich von “drögen HipHop” gelöst, und dem Pop zugetan hätten. Sie werden gar in einem Atemzug mit Xavier genannt.

Wir entgegnen hier klar: Hallo? Jemand zu Hause? Hat sich damals irgendjemand die “VIEL” angehört? Wie billig ist so ein Post-Diss bitte? Die Kirche sollte hier definitiv mal im Dorfe gelassen werden. Erschreckend, wie schnell sich hier die Presse selbst disqualifiziert. Aber die Vier haben daran natürlich auch ihren Anteil, wissen Sie doch nach 18 Jahren ganz gut, wie man die Medien spielt.

So, und jetzt zum eigentlichen Test…


Connaisseur_M:

…oder eher dem Versuch. Hier wieder was neues. Lebenslanges lernen und so. Früher dachte ich immer, dass lange, ausschweifende Rezensionen vor allem dazu da sind, das schlechte Ausgangsmaterial zu kaschieren. Aber nun weis ich: Solche können auch durch Unsicherheit verursacht werden.

Es hat alles nichts geholfen: Ich war im Büro von Connaisseur_J und habe ihm meine Rezensenten-Marke und die Waffe mit den Worten hingeknallt “Nehmen Sie mich von diesem Fall, Jackson. Ich bin nicht der Richtige und das wissen Sie!“.
Aber Connaisseur_J hat mindestens genauso viele schlechte US Crime Serien gesehen wie ich und wusste natürlich genau, dass man in solch einem Fall mit einem väterlich streng-aber-herzlich-harte-Schale-weicher-Kern-Blick die Marke zurückschiebt und antwortet “Es ist unser verdammter Job, Matthews. Und Sie sind der Beste Mann für diesen Fall. Und jetzt nehmen Sie ihre verdammte Marke und die Waffe, bevor ich Sie eigenhändig aus dem Büro werfe“.

Puh. Also dann ran. Das Problem ist, dass die Vier seit 18 Jahren ein solch integraler Bestandteil meiner Musiksozialisation sind, dass ein unabhängiger Review nicht möglich ist. Da ist das Lokalkolorit noch das harmloseste. Nun sind wir ja hier auf r.a.d.P. gegen die Unabhängigkeitsprostitution angetreten, aber hier wird’s einfach schwierig. Wie Verwandschaft.

Am besten, ich bleibe bei den subjektiven Fakten:

  • Ein Fanta4 Album. Ja! Das Gerede vom “neuen” und “Abkehr” sind Quatsch. Wenn man sich VIEL oder 4:99 anhört, merkt man, dass es eine Linie ist. Ein Album, dass den Vier würdig ist.
  • Nachdenklicher. Deutlich. Der Feulletonist sagt “reifer” dazu. Aua. In einem Interview stand “das Wachstum ist vorüber”. Andere Umschreibung für arriviert, oder wie? Wenige Abgeh-Tracks. Die Texte zumeist aus dem Universum der 35-Plus-Generation. Und mit dem Schwerpunkt auf langsamere Titel können die Fantas ihre absolute Themen-und-Text-?berlegenheit ausspielen. Und nie ohne Ironie. Cool zu sein haben sie definitiv nicht mehr nötig. Es gibt einen Digipack mit Making-of-DVD. Dort ist an einigen Szenen zu sehen, wie sehr die Fantas eigentlich dem Major-Single-Teenie-Publikum entwachsen sind (Bravo, Interviews mit Formatradios, …) und den notwendigen Trubel sehr distanziert und ironisch angehen. Sehr unterhaltend.
  • Nicht sofort eingängig. Das Ding will schon eine Weile gehört werden, was vor allem an den – ja ich muss das hier sagen – anspruchsvolleren Texten liegt. Wer hier in sich geht, wird zugeben, dass das gerade bei VIEL auch so war. Das betrifft auch die Single: “Ernten was wir säen” finde ich bis auf den Refrain äu?erst sperrig, was vor allem an der unterdurchschnittlichen Musik liegt. Live werden die Jungs das sicher ordendlich pimpen.
  • SMUDO ist und bleibt die Nummer1
  • Auch musikalische Ladenhüter. Alles ist hier nicht Gold, was glänzt.
    Beispiel: 09. “Ichisichisichisich“: Musik klingt wie ein Demo-Track aus einem Soft-Synth. Unter der Fanta-Würde und zieht den wieder absoluten Ober-Checker-Text mit runter.
    Oder Beispiel 13. “Was bleibt“. Der Ausklangs-Abschieds-Song mit Pathos und Tränendrücker. Bei The Streets gibt’s auch solche Schnulzen. Dort wird das aber mit ordentlichen Beats gewürzt und nicht den Michael-Cretu-Instant-TomToms-und-Military-Snare-Wirbeln. Mike Skinner singt auch die Refrains selber mit. Hier klingt es zu zuckersü?. Oder der obligatorische Thomas-D-“Krieger”-Track, der diesmal auf Worldmusic-Ethno-Trance Niveau geschrumpft ist.
    Insgesamt ist das wohl die grö?te Schwäche des Albums: 13 Stücke, davon 2 Intrumentals (ich glaube, die Jungs sind mit dem Text nicht fertig geworden) und einige “Naja’s”. Das ist eine magerere Ausbeute als früher.

Fazit: Ein “hidden Giant”, der erst mit der Zeit seine volle Kraft entfaltet. Für Fans sowieso ein Muss. Und alle anderen haben diesen Artikel wahrscheinlich gar nicht bis hierher gelesen.

Anspieltipp:
  • 03. Einfach Sein
    Klassisches nachdenkliches Fanta-Stück. Text und Musik in melancholischer Harmonie. Im Refrain mit Herbert Grönemeyer, den die Jungs nach eigener Aussage deswegen gefragt haben, weil “sich der Refrain so nach Herbert angehört hat”. Finde, der passt hier wirklich gut rein. Wer au?er Fettes Brot vielleicht könnte so eine Nummer abliefern?
  • 07. Du mich auch
    Smudo’s 3 Minuten Solo ist für mich die heimliche No.1. Fast nur Beats und ein Text der mit den Worten beginnt: “Du kannst glauben, beten oder hoffen: Irgendwann ist jeder Arsch offen!” und davon handelt, dass man viel zu sehr so wird, wie seine Vorfahren, ob man das nun will oder nicht. Klaro, dass ist einem Teenie im Abgrenzungsfilm erstmal nicht so ersichtlich, aber je älter man wird, desto mehr trifft einen der Text…
  • 12. Du und Sie und Wir
    Der einzige Story-Track: Eine Love-Story zwischen Ihm, Ihr und den Fantas.

Connaisseur_J:

Es ist unsere verdammte Pflicht zu diesem Album was zu schreiben! Und wie Kant uns lehrt bekommt eine Handlung aus Pflicht erst dann einen moralischen Wert, wenn man sie eben nicht wegen des Ergebnisses oder irgendeines Anreizes vornimmt, sondern rein aus Pflicht.
Und dabei vergisst man schnell, das es eben eigentlich darum geht die Mukke zu hören und nicht Pflichten nachzukommen.

Und das es darum geht die Mukke zu hören egal was alle Anderen schreiben.

Und das es darum geht die Mukke zu hören egal wie gro? der Erwartungshorizont ist.

Und das es darum geht die Mukke zu hören obwohl klar ist, dass man ein Fanta4 Album keinesfalls unvoreingenommen hören kann.

Und das liebe Leserschaft ist das Problem der Mittdreissiger – der alten Fans – die um ein “Mann, wisst Ihr noch, damals die Fantas…” beim Hören eines neuen Fanta-Albums einfach nie herumkommen werden. NIE!
Also -und nun- was gibt es nach dieser Erkenntniss zum Album zu sagen?
Was nicht geht:

  • Ernten was wir säen
    Denn die ewige Verdopplung ist ein nervendes Stilmittel, das es mir unmöglich macht, diesen Song zu hören.
  • Was bleibt
    Denn das hätten sie gerne den Mannheimer Söhnen überlassen können.
  • Mission Ypsilon
    Was genau ist das bitte? Schlechtes Chemical Brothers Fell-a-like Instrumental. Vollkommen überflüssig!

Was gut geht:

  • Bonuspunkte:
    Das Album will entdeckt werden – und ich denke je nach Gesamtverfassung des Zuhörers wird das sehr Unterschiedliches bieten….
  • Nikki war nie weg
    Das können so einfach nur die Fantastischen Vier machen. Super Idee, super Story…. I like it!
  • Du und sie und wir
    Und auch das ist Fanta4 pur, ein bisschen “Wir sind die geilsten” in angenehm ironischer Verpackung!
  • Einfach sein
    Na, wenn das diesen Sommer kein Hit wird, was dann?

Und unter genau diesem Motto steht für mich das ganze Album, denn mit Teilen kann ich (noch) nichts anfangen:

Es könnte so einfach sein, isses aber nicht!


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1. Mehr Nehmen Reinhören
2. Ernten was wir säen (Original Version) Reinhören
3. Einfach sein Reinhören
4. Yeah yeah yeah Reinhören
5. Nikki war nie weg Reinhören
6. Fornika Reinhören
7. Du mich auch Reinhören
8. Mission Ypsilon (Instrumental) Reinhören
9. Ichisichisichisich Reinhören
10. Einsam und zurückgezogen Reinhören
11. Flüchtig Reinhören
12. Du und sie und wir Reinhören
13. Was bleibt Reinhören

6 Replies to “Die fantastischen Vier – Fornika”

  1. hmm ok, überredet – ich werds mir mal anhören, nachdem ich als uuuralte-Sachen-4-Fan (damals gings ab!) mit den Sachen ab 4:99 weniger anfangen konnte. War irgendwie nicht mehr meine Zeit, passte nicht mehr zu meiner Lebenseinstellung, zu sehr verändert (beide Seiten).

    Aber nach dieser sehr gelungenen (und ultrasubjektiven *hrhr*) Rezension von Euch beiden Connaisseurs packt mich nun doch die Neugier danach, wo die Jungens mittlerweile stehen, wie sie Klingen und über was sie als “reife Männer” so Texten..

    Danke! 😉

  2. Obwohl sonst sehr tolerant und musikalisch vielseitig interessiert bin, fehlt mir bei diesem Album leider die Objektivität….
    Als Fanta 4 Fan der ersten Stunde( seit ??Jetzt gehts ab?), der selber mitgereift ist, kann ich leider absolut nichts an der neuen Platte finden. Bis auf ??Du mich auch? , ??Was bleibt?, und mit leichten Abstrichen wegen der (durchweg bei fast allen Tracks laschen) Beatproduktion auch ??Nikki war nie weg? fehlt dieser Platte einfach das gewisse Etwas das alle vorherigen Alben aufwiesen. Wenn der neue Weg der Fantas darin besteht jetzt vermehrt auch NDW-, Schlager- und Pop-Fans anzusprechen (“denn wir sind ja gereift”??brrrrrr) dann ist ihnen das vielleicht gelungen, aber ich bin mir sicher dass sie eine Menge tr(oy)er Fans verlieren oder zumindest enttäuscht haben, und ich kann nur hoffen dass ihnen die nächste Platte (falls es noch eine geben wird??.) auf einem qualitativ höherer Level gelingt. Dazu dass ich einige Lieder auch nach mehreren Versuchen nur wiederwillig bis zum Ende hören kann gibt es mehrere Gründe: Zum einen die mangelnde Qualität der Texte ( ?wir müssen was beweisen,da unten auf den Gleisen?(reim dich oder ich fress dich!)) als auch die überaus uninspirierte Beatproduktion ( Tiefpunkt bezeichnenderweise ??Mission Ypsilon?) sind bei dieser Platte unterdurchschnittlich und dem sonst sehr hohen Niveau der Fantas leider nicht angemessen.

    Von mir eine 6/10

    • Hallo Mattes,

      danke für das saubere Kommentar. Davon hätten wie gerne mehr. 6/10 ist so ziemlich die treffendste Zusammenfassung für unseren Artikel 🙂

      Ist dabei nur die Frage, ob das Fanta-Glas “halb leer” oder “halb voll” ist… Aus Subjektivität hei?t es bei uns bei den Fantas daher immer “halb voll”.

  3. fantas rocken seid eh und je!! ich hab sogar die son goku und den td auch live gesehen fand den live auch echt geil aber die fantas sind schon noch geiler!!!

    zum album:
    also ich muss auch echt sagen das viel album war schon noch geil aber konnte nicht mit der 4.99 oder auch der lauschgift mithalten aber die fornika is wieder der hammer also wer als fanta fan bei dem lied du und ich und sie und wir sind n team … nicht föllig ausrastet der … also den versteh ich nicht das is echt der hammer das stellt sogar die dauerbrenner sie is weg tag am meer und le smu oder auch die ganz alten wie vier gewinnt in den schatten
    danke fantas der dt hip hop lebt wieder!!! 😉

    • Dank diesem Beitrag kenne ich jetzt den Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Fan und einem fanatischen Fanboy. 😉

  4. guten abend,
    ich persoenlich finde die hier so oft kritisierte “unterdurchschnittliche beatproduktion” eingentlich nicht in der musik wieder. mission ypsilon.. ist ein meines erachtens durchaus hoerenswertes interlude der laengeren sorte. Die vorgebrachte Assoziation von “Was Bleibt” mit den Mannheimern kann ich nur teilen.. irgendwie will sich dieses Lied so gar nicht in mein musikalisches Gesamtbild der Gruppe einpassen. Zurueck zu den Beats:
    Die Art der Instrumentierung hat sich bereits auf Viel gegenueber den aelteren Alben deutlich geaendert. Man hoert wesentlich weniger Turntable-Aktionen (“aaah.. der Junge Herr weiss woraufs ankommt”), die Beats sind alles in allem synthetischer, elektronischer.. erinnern teils doch stark an synth-pop 80er kit. Der Gesamteindruck verschiebt sich immer mehr in Richtung populaer-kulturell kompatiblen Klaengen; eine Entwicklung, die ich zwar bedauere, die allerdings per se nicht fuer mangelnde Qualitaet spricht. Textlich kann das Album keinem vorherigen das Wasser reichen, “Du mich Auch” finde ich gewohnt selbst-kritisch und ironisch.
    Mehr noch als alles andere stoert mich der sich abzeichnende Hang zur nihilistischen Suche nach einem Lebenssinn. “Niemand kanns dir sagen, keiner keiner.. ” tschuldigung, da laesst “ist da ein Tunnel, ist da ein Licht, hey mann was fragst du mich? ich weiss es nicht.” aber herzlich gruessen. es wirkt ein wenig geschwollen, mit welchem philosphischen ton lebensweisheiten betextet werden. An die textliche Tiefe von “Schizophren” oder “Konsum” kommt es auch mit dem sarkastischen Zeigefinger nicht ran.

    Nabend.

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