Fettes Brot – Am Wasser gebaut

Wir sagen: Gemeinsam alt werden!

Connaisseur_J sagt dazu:
Jaja, lange war es ruhig um die Jungs vom Fetten Brot. Und dann haben Sie sich mit einem extremen Airplay-Overkill-Hit "Emmanuela" auf Herrn Raabs Plattform zurückgemeldet. Und das meine ich nicht negativ. "Emmanuela" ist ein so unbedingter Ohrwurm und Antreiber, dass er auch nach 100 Mal noch die Laune hebt. Da ist man selbstverständlich gespannt: Was kann das Album?

Beim ersten hören – die Scheibe lief im Hintergrund – war ich erstmal enttäuscht. Wo sind die rockenden Brote? Wo ist der grenzdebile-bitte-reim-dich-Style? Doch dann habe ich mir das Ding ein paar Mal in aller Ruhe angehört und um eines Vorweg zunehmen: I love it! Denn bin ich etwa noch der wilde Teenager, der ich war als "Jein" rauf und runter lief? Nein. Die fetten Brote haben sich weiterentwickelt und machen EXAKT die Musik, die man sich als 30-jähriger, der mit sowas aufgewachsen ist wünschen kann. Das ist optimal – und ich sehe hier eine Analogie zum letzten Fanta 4 Album, denn das ist auch GENAU für uns. Und alleine dafür verdienen die Jungs schon unseren Respekt:
Kein Jugendwahn, Pseudo-Teenie-wir-brauchen-die-jungen-Fans-Geplapper . Eben Hip-Hop wie er sein sollen: mit Inhalten und dennoch gut anhörbar. Ich halte auch von den ganzen US-Gangster Sachen überhaupt nichts. Und der Trend, dass das Feuilleton Sido als authentischen Musiker feiert und die Brote und Fanta 4 als Mittelstandsmusik für gealterte Teens abtut verursacht mir Brechreiz. Also für das Feuilleton: Wir wollen älter werden! Wir sind gerne 30! Und wir hören lieber Songs über Revolutionsideen in Berlin wie sie in "Kuba" präsentiert werden, als Sidos Alternative, die darauf hinausläuft alle "den Bürgersteig fressen zu lassen" (siehe Track 4: "alle dissen sich jetzt öffentlich mit Morddrohungen auf MTV
und wird der erste Rapper erschossen bin ich mir sicher das senden die live aus Berlin") . Wir sind einfach eine ganze Nummer entspannter. Wie es das Album der fetten Brote auch ist. Viva la (sanfte) revolution!

Anspieltipp:

  • 7. Kuba
    Zusammen mit Jansen und Sebi ein Wahsinnssongs. "Du bist nicht Hannes Wader, was du singst ist nur Gelaber, warum machst du keinen Partysong?"
  • 8. An Tagen wie diesen
    Ok. Bitte, es geht mir um den Sample! Das ist Jeannie von Falco hochgepitcht im Hintergrund im Refrain und die Strings und das Klavier in den Strophen. Falco samplen darf auch nur das fette Brot. Und der Text ist kritisch ohne Zeigefinger.
  • 10. Falsche Entscheidung
    Hört Euch diesen Text an! Ich weise auf folgendes hin: Keine Zielgruppe
    .

Connaisseur_M sagt dazu:
Eigentlich wurde r.a.d.P. ja vor allem dazu gegründet, damit sich Herren Connaisseur J. und M. die unterschiedlichen Meinungen um die Ohren hauen können. Aber was soll ich in diesem speziellen Fall machen? Ich kann hier nur voll und ganz zustimmen. Erschreckenderweise hatte ich sogar die genau gleichen Attribute zu dieser Musik gewählt.

Alleine einen Text wie "Soll das alles sein" seinen Fans zuzumuten zeugt einfach davon, dass man sich weiterentwickelt hat und das auch zeigen will. Fettes Brot hatten in einem Interview betont, dass man solche Texte auch bewusst nicht durch Ironie und Humor verwässern wollte, sondern die Message klar so stehen bleiben soll. Das trifft dann schon ins Schwarze.

Diese Musik "nur" als HipHop zu bezeichnen wird ihr daher sicher nicht gerecht. Nur neben Sido, Savaasch und Schämmie Delücksch zu stehen ist zu wenig. Hier kommtdiese Art von HipHop nur als Spurenelement vor. Umso schwerer fällt die Einordnung. Einfach eine gelungene Mischung aus Pop, Soul, Blues im HipHop Topf. HipHop für Erwachsene eben. Wie deutlich die Brote hier POP sagen und unpeinlich klasse Hooklines und Auto-mitsing-Refrains droppen ist einfach angenehm.

Allerdings gibt es einen ganz ganz ganz groÃ?en Makel an diesem Album: Es ist definitiv zu kurz! Es hat kaum 45 Minuten, Hallo? Wer so lange nix rausgebracht hat, darf nicht damit kommen. Das ist schon arg an der Grenze. Es fehlen einfach so 4-5 Tracks. Ich bin fürwahr kein HipHop Profi, dass ist J.’s Revier, aber wenn ich die Musik isoliert betrachte, fällt auf, dass sie sich ganz klar den Texten und der Funktion der Songs unterordnet. Keine Beats um der Beats willen, sondern eher als "Begleitband" zu verstehen. Alleine bei "Lauterbach" haben sie’s wohl versucht, aber irgendwie ist es nicht so überzeugend.

Zu den Empfehlungen nochmal mein Senf:

"Kuba" ist in der Tat der absolute Wahnsinn. Hier stimmt einfach ALLES. Verdammt der Dialekt und dazu der Text. Es ist unglaublich! GENAU die Hannes-Wader-Textzeile wollte ich hier auch zitieren, F**K! Gibt das die nächste Single? Nein, weil’s zu schön ist.

Den Text von "An Tagen wie diesen" finde ich auch super getroffen, aber der Jeanny-Sample geht so gar gar gar nicht, weil die Brote zwar Falco samplen dürfen, aber das Original bleibt einfach Cheesy. Hier wäre ein Remix notwendig.

Kaufen ist Pflicht. Zusammen im Dreierpack mit Fanta4 und Blumentopf. Und es bleibt auch spannend: Wie wird HipHop für 40jährige? Check back in 2015!

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