SPL – SPL

Audio Pornografie von Trommeln und Bass

M

Es ist ja nun so, dass wir von unseren musikalischen Vorlieben eher Weicheier sind. Wir sagen dazu Connaisseure. Auf jeden Fall sind wir für alle härteren Genres elektronischer Musik scheinbar einfach zu zart besaitet. Von allen Gabbers, Hardstyles, Schranzes, Breakcores, NeoFunks oder JumpUps halten wir uns i.d.R. brav fern und schwelgen in wohlklingenderen, harmloseren Gefilden.

Ab und an gibts aber eine Zufallsbegenung mit härteren Genres. So wie hier.

Beim Zufallssurfen auf DnBA stolperte ich über dieses Album, dass ich nach dem Anhören sofort haben musste. Es handelt sich um den Amerikaner Sam Pool, der als SPL (“Sound Pressure Levels”) sein gleichnamiges Debut veröffentlicht hat. SPL betreibt das DnB Label Lost Soul und das Dubstep Label Hollow Point und released auf Label wie Tech Itch. Also eher Gründe, hier nicht darüber zu schreiben.

Genauso wie bei Noisia komm ich aber irgendwie nicht davon los und die Musik fasziniert.

Im Gegensatz etwas zum eher leblosen letzten Dom & Roland Album klingt das Spektrum hier abwechslungsreicher, frischer. Die Stücke klingen ungefähr so wie ein Erdbeben(die Beats) in einer staubtrockenen Wüste (der Sound), bei dem man von einem Tiger mit Magenproblemen angebrüllt wird (die Bässe). Dabei gefällt mir vor allem, dass nicht immer nur die üblichen Techno-Breakbeats verwendet werden, die sonst vor lauter über-Kompression schon alles Niederwalzen. Statt dessen hört man deutlich, dass er sich beim Beats basteln richtig Mühe gegeben hat, zwischen und während der einzelnen Stücke ständig für Abwechslung zu sorgen.

Auch das Tempo ist in Summe genau richtig und nicht zu schnell, so dass der Gabber-Eindruck nicht zu deutlich wird.

Und genau an den Stellen wo’s eigentlich zu prügelig wird kommt dann genau der Break, der Drop oder die Fläche, die das ganze unterhaltsam und irgendwie geschmeidig machen. Klar, das ist nichts für den Kopfhörer-Intensiv-Genuss, das muss man knallen lassen. So gut gemacht und frisch habe ich das schon lange nicht mehr gehört.

Ein Geheimtipp für Leute die sich mal die Hände schmutzig machen wollen und vielleicht sonst nicht auf harte Kost stehen. Ich selbst bin jedenfalls bass erstaunt, wie oft hier manche Titel bei mir laufen. Mal sehen, ob das mein noch zart-besaiteterer Kollege überlebt.

Meine Anspieltipps:
  • 02. Angels
    Gäbe es das Wort “daherprügeln” nicht, man hätte es nach diesem Track erfinden müssen. Man hat richtig Mitleid mit den Beats. Zur Entspannung gibts dann Flächen und Psytrance-Geplinker, bis die Drums alles niederschieÃ?en. Das Wort Dancefloor-Weapon bekommt eine ganz neue Bedeutung.
  • 07. Raise
J

Entschuldige, lieber M., aber in diesem Fall muss ich mit einer Frage ins Rennen gehen. Du schreibst da oben folgenden Satz:

Ich selbst bin jedenfalls bass erstaunt, wie oft hier manche Titel bei mir laufen.

Und vielleicht fehlt mir genau an dieser Stelle das notwendige situative Gespür, aber bitte verrate mir doch folgendes:
Zu welcher Gelegenheit laufen denn diese Titel bei Dir?
Also, wann braucht man den Mukke die ungefähr so subtil wie eine Kanalsanierungsbaustelle daher kommt?
Braucht man nicht mindestens einen Integrationsbeauftragten und eine Schlichtungsstelle um etwas derartiges auch nur einigermaÃ?en in seinem Alltag unterzubringen?
Ok, das waren nun doch mehrere Fragen, aber ich möchte das nicht als Wertung der Musik verstanden wissen.
Denn die Mischung ist genial und Beats wie in Track 2 “Angels” habe ich seit den Hochzeiten des Jungle und Gabber nicht mehr gehört.
Wahrscheinlich habe ich so ein diffiziles Geprügel sogar noch nie gehört. Ganz abgesehen davon, dass ich mir mit einsetzendem Beat (denn ich hatte in der Tat keinerlei Ahnung was mich erwartet), die Fliesen vom frisch renovierten Bad gesprengt habe und die Mukke für jede Abrissparty empfehlen würde, möchte ich unseren Lesern zur Horizonterweiterung folgende Tracks nahe legen:

Nehmt das:
  • 02. Angels
  • 03. Distance
  • 04. Guardian

Alle drei hintereinander weg hören und sich irgendwie befreit fühlen.
Subjektiv hat dieses Gebolze auf das Gehör eine leicht betäubende Wirkung, so dass es sich als Methode zur Aggressionsbekämpfung etablieren könnte. Audiophiles Antiaggressionstraining.
Mehr Trommel als Bass mit Migrationshintergrund von interstellarem Konstruktionslärm.
Brutal, ehrlich, direkt.
Ok, der Soundtrack ist also da, aber die Regie für die passende Situation muss erst noch konstruiert werden. Bis dahin werde ich weiter nach wissenschaftlichen Anwendungsmethoden im Selbstversuch forschen. Und ende mit einem Zitat von SPL:
You don’t make up your sense in church, you do it in the streets. The rest is bullshit and you know it.

 

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