Basement Jaxx – Crazy Itch Radio (and the true making-of)


We say:
massive
monster
mashup
madness!

The true making of…

Dieser Review hätte schon viel früher erscheinen sollen, aber wir mussten erst auf die Bestätigung der “unterrichteten Kreise” zum zustandekommen dieser CD abwarten.
Viele Musiker kommen in ihrer Karriere an einen Punkt, an dem man ganz neue Wege beschreiten will. Oft ist dies nach beim dritten oder vierten Album der Fall. Da Basement Jaxx schon nach drei Alben eine “Best-of-Single” Compilation rausgebracht haben (die sich by the way verkauft wie geschnitten Brot), war es nun passiert:

Simon Ratcliffe und Felix Buxton wollten weg vom Mix-Overkill. Weg vom 150% überladenen mashup Sound. Hin zu klaren, reinen Strukturen. Au?erdem hatten die beiden in den letzten Monaten nur noch Ricardo Villalobos und italienischen a capella Folk gehört, das hinterlässt dann schon seine Spuren.

Daher war der Plan klar: Es sollte ein Minimal-Konzept-Album werden! So ganz minimal war es dann aber doch nicht, da die beiden einfach zu viel Material hatten. Schnell wurde der Entschluss gefasst, mehrere CDs zu erstellen:
– Disc 1: a capella soul songs
– Disc 2: reine elektronik minimal house tracks, auf denen eigentlich au?er einem Drumloop nichts passiert
– Disc 3: minimale akustik-ethno-folk-tracks, die nur aus Gitarrenbegleitung und ein paar wenigen Samples bestehen


Der Plattenmajor war zwar erstmal geschockt, aber dann doch überzeugt. Um die Mehrkosten bei der CD Produktion (Immderin drei CDs!) reinzuholen, musste man dann aber doch wirtschaftliche Kompromisse eingehen und den FInal Mix dann nicht wie gewohnt im Herzen Londons in einem Mega-Major Studio mischen lassen oder irgendwo in New York, sondern wo’s billig ist. Schnell war dann auch ein ehemaliges Mitgliedsland des Warschauer Paktes gefunden, in dem sich ein Mussik Studior anbot, die Master Mischung für einen Spottpreis anzufertigen und das Coverproduzieren gleich mit zu machen.


Das Plattenlabel hatte aber die kulturellen Unterschiede zwischen West und Ost au?er acht gelassen: Das Konzept “minimal” ist nun mal noch nicht in allen ehemaligen Sowjetrepubliken angekommen. Und so tat der Sound Engineer genau das, was für ihn naheliegend war:
Er nahm an, dass auf den drei CDs jeweils eine Spur enthalten war und mischte diese einfach zusammen. Das gleiche hat dann auch der Grafiker mit den drei CD-Hüllen gemacht. Siehe Bild oben.

Das Ergebnis funktionierte erstaunlich gut, ergab sich doch eine Win-Win Situation für alle beteiligten:

1. Das Album klingt wieder nach dem überladenen mashup-sound, wie die vorherigen Alben. Man muss der doofen Presse erst gar keinen “Neuanfang” oder ähnlichen Schwachsinn verkaufen

2. Der A&R war froh, den Basement Jaxx so die minimalen Flöhe aus dem Kopf zu treiben. Was sich dann seiner Meinung nach besonders beim nächsten Album auszahlt, dass wieder genauso werden soll, wie der Rest davor

3. Die Produktionskosten waren – dank nur noch einer in einem Low-Cost-Country gemasterten CD – weit niedriger als erwartet. EBIT ahoi!

Und das beste: Niemand hat’s gemerkt! Au?er wir natürlich. Aber jetzt zum eigentlichen Test…

Connaisseur_M sagt dazu:

Die CD klingt ungefähr so, als würde man alle 36 Teilenehmer-Lieder des Eurovision SongContests gleichzeitig ablaufen lassen. Und zwar die ersten 18 vorwärts und die anderen 18 rückwärts. Der Sound ist der bekannte hyperaktive, nervöse Misch-Nerv-Dance-Brei. Hier nur noch verwursteter. Noch mehr Einflüsse gleichzeitig. Noch mehr Breaks und Wechsel pro Minute. Die trauen sich echt was. Wie man nach so langer Zeit im Business immer noch eine fast schon kindliche Naivität in der Herangehensweise an den Tag legt, ist einfach beeindruckend. Komischerweise kommt dann immer etwas dabei raus, das man als “passend” bezeichnen kann. Es entsteht ein homogener Song. Was aber sicher auch an den abslut erstklassigen Vokalisten liegt, die hier ihr allerbestes geben. Das möchte ich mal gerne live sehen.

Nicht verschwiegen werden darf, dass diese typischen “?berdosierungen” wieder mit an Bord sind, die in einer einzigen Nerv-Orgie enden (wie z.B. 07. “run 4 cover”). Das passiert wohl, wenn die Jungs beim Produzieren Kaffee trinken.

Fazit: Ja, es gibt stärkere Basement Jaxx Alben. Ja, es gibt Alben mit noch mehr eingängigen “Peaktime-House-Hits”. Ja, es ist insgesamt alles zu hektisch, fast schon atemlos. Ja, es IST anstrengend und die Reaktionen bewegen sich zwischen “OH JE!” und “AU JA!“. Nur das diese Reaktionen hier im Sekundentakt wechsel. Aber: Hier bleibt man sich sowohl treu und entwickelt den eigenen Stil weiter. Die beiden sind insgesamt mit Ihrem Style ganz ganz alleine auf weiter Flur. Niemand schafft es sonst, so viele Zutaten zu einem schlüssigen ganzen zu verrühren. Weiterhin gro?es Kino auf hohem Niveau. Eine Bereicherung für die Dance Music.

Anspieltipp:

  • 02. Hush Boy
    Könnt ihr sicherlich schon nicht mehr hören. Der klassische “Basement Jaxx Radio Hit” mit allem, was so dazugehört. Harmloses durcheinander mit eingängiger Pop-House Melodie. Ohrwurm.
  • 04. Take me back to your house

    Wieder einmal ein Grenzgänger zwischen “Urban” und “Pop”. Die Jungs beweisen wieder mal, wie gut sie im Hooklines schreiben sind. Und komischerweise funktioniert so ein Song auch noch mit extrem schiefen Refrain. Essenz des Jaxx-Styles. Und die Country Guitars sind genial. Wie immer eine Fundgrube für Remixes in alle erdenklichen Richtungen.
  • 05. Hey U

    Alleine über diesen Song könnte man einen eigenen Artikel schreiben. Für mich der Klimax der CD. Ein Balkan Beat Riff wird mit allen erdenklichen weiteren folkloristischen Gewürzen und Geschrei in einen Topf gerührt und sowas von durchgemischt, dass ein echt scharfer Eintopf rauskommt. Mit genau diesem Lied sollte England am nächsten “Eurovision Song Contest” teilnehmen. Dann wird’s auch was mit Platz 1. Ein absoluter Hit. Kann mich nicht satthören dran.
  • 10. Lights go down

    Kontrastprogramm. Die Basement Variante einer “Ballade”. 5:13 Minuten ein einziger Breakdown. Wieder Vocal technisch gaaanz weit vorne. Insgesamt einfach Schönheit pur. Sicherlich auch noch BZP+TFMPP kompatibel… Und jede Sekunde warte ich auf einen High Contrast Breakbeat und Bass. Wann kommt der High Contrast Remix? Bitte Bitte Bitte!

Connaisseur_J sagt dazu:

Prinzipiell habe ich ja nichts gegen Basement Jaxx, weil die waren immerhin immer ehrlich. Und wenn ich denke was man zu so Krachern wie “Where’s your head at” auf der Tanzfläche erleben kann und wie die Jungs auch noch Leute animieren können sich zu bewegen, bei denen das bis dato rein körperlich oder auch psychisch unmöglich war, dann kann man das nur respektieren.
Und wer wird nach ein paar Bier oder in natürlicher Ausgelassenheit nicht mal gerne zum Proll?
Die Knöpfchen, die es gilt zu drehen um Bewegung zu verursachen können Basement Jaxx auf jeden Fall bedienen. Doch leider kracht es mir hier eindeutig zu wenig.

Die Tracks verkommen -natürlich gibt es Ausnahmen- zur billigen Farce und Basement Jaxx klingen auf diesem Album wie Ihre eigene Parodie!.
Das ist zwar nicht unkreativ, aber nicht unbedingt lustig. In einem Song 200 Ideen zu verarbeiten, wer soll sich das noch anhören?
Ich meine -sorry- aber was macht das Banjo in “Take me back to your house”? Soll das nach “Cotton eyed Joe” klingen? Tut es! Super für Gro?raumdiskos in Flughafennähe – aber sonst?

Mukke für das Erdinger Moos – Prost!

Oder nehmen wir “Hey You”: Das hört sich für mich an wie eine Mischung aus Tarkan und Dschingis Khan. Beide wurden eingefroren und im Jahr 2020 wieder aufgetaut und gebeten ein Duett aufzunehmen. And there you go: Das Ergebnis ist “Hey You”.

Ok. Wie bereits erwähnt gibt es Ausnahmen:

  • Hush Boy
    Finde ich in Ordnung aber fast zu glatt. Guter Weg, aber das kracht jetzt mal eindeutig zu wenig
  • Lights go down
    Klar! Hammer. Und wann setzt der Beat ein, setzt der Beat ein, setzt der Beat ein……?
  • Everybody
    Ahh! Das hört sich für mich nach Basement Jaxx an. Nicht ganz so dicht an Sounds und Samples wie der Rest. Aber bitte Jungs? Hätte es den chinesischen Gesang auch noch gebraucht? Ihr seid krank!

  • Ach und noch ein Wort zu “Homogenität”(bezeichnet die Gleichheit einer Eigenschaft über die gesamte Ausdehnung eines Systems):
    Wenn es für Dich -mein werter Kollege- homogen ist sechs Karnevalswagen nicht hintereinander sondern nebeneinander zu hören und auf jedem einzelnen steppt der Bär…… na dann bitte. Jeder wie er mag.

    Ich hör’ jetzt ein bisschen Michael Mayer zum runterkommen……

    In die CD reinhören:

3 Replies to “Basement Jaxx – Crazy Itch Radio (and the true making-of)”

  1. 😉

    Schöne Rezession.

    Ein bisschen geb ich Euch beiden ja Recht, muss mich aber mehr auf Connaisseur_J’s Seite schlagen.

    Meiner Meinung nach ein Album das man mal hören kann (wenn sonst nichts rumliegt), aber nicht wirklich braucht. Alles irgendwie eingängig und stimmungsvoll but no really my cup of coffee. Zu viel Massenkompatibilität aber gut, es ist UK-Dance. Dafür ist das wohl okay.

    • Ahh! Danke an die Miss. Ich teile deine Einschätzung und leider (oder auch gut so) ist das erst der Auftakt des von meinem Kollegen inszenierten “Mit-Beat-Und-Ohne-Hirn-Durch-Den-Herbst” Reigen. Ich könnte also die nächsten Tage noch ab und an Unterstützung brauchen!!

    • Danke für die Blumen. Und wie sich zeigt, müssen wir wohl noch viel mehr auf gepflete Streitkultur statt auf Harmonie setzen 🙂

      Etwas mulmig wird mir allerdings rückwirkend schon, da ich den Test eigentlich noch euphorischer gestalten wollte…

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