Robag Wruhme – Wuppdeckmischmampflow

Autorentechno meets Arthausminimal?

oder

nett ist eben doch was fürs Bett!

M
Wuppdeckmischmampflow ist mehr oder weniger die erste Veröffentlichung von Robag Wruhme nach der Trennung der Whignomy Brothers. Hmm auch hier das erste mal, dass wir ihn erwähnen, keine Ahnung warum. Gehört er doch mit all seiner Exzentrik und der gefühlten Ewigkeit und den gefühlt eine Millionen Tracks und drei Trilliarden Remixen zum Wertekanon teutonischer Technokunst.

Wollte das Album nach dem lesen eines Interviews mit ihm unbedingt anhören, nachdem ich mir einige VHS Kurse in Germanistik, Sinologie, Philosophie und Alkoholismus gebucht hatte, deren Absolvierung mir für das Verständnis der Texte über Robag in der einschlägigen berliner Wichtigkeitspresse als absolut notwendig erschien.

Habe ich dann aber gelassen und mir lieber gleich das Album angehört, was nun natürlich bedeutet, dass ich keinen blassen Schimmer hab, was für bedeutsame Deutungsuniversen in den privaten Kunstakademien zu diesem Werk gerade en vogue sind.

Und wenn wir schon bei Moden sind: Denen kann sich der Wruhme natürlich auch nicht entziehen. Das “Album” ist eine Mixcompilation, wie sie derzeit sein muss: mindestens 2 Tracks laufen gleichzeitig und er hat noch allerhand feine Zutaten aus “Robag’s Sampleschatull” mit dazugegeben (extra Beats und Blobs). Natürlich werden da die Grenzen von “mixen” und “machen” verwischt bla bla fasel, aber lest lieber woanders nach, wie man sich dazu poptheoretisch verbal verausgaben kann, dass einer beim mixen im Ableton halt noch ne Spur dazupackt oder ab und an mal auf Drumpads rumklöppelt.

Nun aber zu der Compilation: Robag ist ein absoluter Meister im kombinieren und ineinanderweben von allen elektronischen Fäden, die ihm sinnvoll und effektiv genug scheinen. Raus kommt ein leichter Teppich aus geklippel und geklöppel, geschubse und gewubse, versehen mit dem Wruhme Überlegenheitssiegel .

Durch seine eigenen Samples fließen die einzelnen Stücke noch besser ineinander. Es ergibt einen elegischen, sphärischen und in Summe auf- und abschwellenden Soundteppich der angenehmsten Sorte. Dabei ist es das Gegenteil von beliebig und mit Ausnahme von einer paar Nervengehern (Dexter nervt mich) wohl eine Art Nominiertenliste für einen imaginären Qualitätsspreis elektronischer Musik. Wie genial das alles zusammenpasst. Bzw. wie genial er macht, dass alles perfekt zusammenpasst!

Das Album tuckert so schön harmlos vor sich hin wie selten, alle paar Minuten pustet es mal Seifenblasen in die Luft um dann weiter zu tuckern. Der oberflächliche Idiot werdet ihr schimpfen, aber das ist eines der anspruchsvollsten, angenehmsten Nebenherhör-Compilations die ich kenne. Eigentlich Ambient Muzak mit Wohlfühlbeats knapp überhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle. Er schafft es, den Energielevel die meiste Zeit so unter der Oberfläche zu halten, dass man sich beim Hören fragt, ob jetzt ein bestimmter Effekt wirklich da war oder man sich den hinzugedacht hat. Dieses Spannungselement macht wohl auch den Reiz dieser – auf den ersten Blick sehr naiv harmlos anmutenden – Musik aus.

Fazit: Für mich eine der schönsten minimalen Ambient elektronika Compilations seit langem. Selten war nicht-hinhören anspruchsvoller. Robag, du Zauberer!

Unsere Anspieltipps:
  • 07 Rusty – Rusty Nails
    Space-Trance mit Depeche-Mode Vocals? Die Synth-Line macht mich fertig. Hmm, könnte auch einen DBridge remix gut verdauen.
  • 10 Four Tet – Angel Echoes
    Haha, alter Schelm. Hat er sicher nur deswegen drauf, damit ihn die Neider des Kommerzes bezichtigen. Das Tune mit dem Cut-up-Vocal passt hier sowas von perfekt rein.
  • 11 Voom Voom – Best Friend (Henrik Schwarz Mix)
    Fiebriges nicht-greifen-können, ruheloses sitzenbleiben in einem Song auszudrücken muss man erst mal schaffen. Je näher man sich das an sich ranlässt, desto mehr Details fallen auf. Wahnsinn!

In das Album reinhören: