BCee – Lost & Found

Sanfte Klänge von erhabener Schönheit

M
Der Labelboss von Spearhead Records, BCee ist ein viel beschäftigter Mann. Im Hauptberuf betreibt er eine Privatschule für Schulabbrecher in England und hat zu Hause mehr als 100 Tiere auf seinem eigenen Bauernhof. Dann kommt das Spearhead Label und dann irgendwann das Produzieren. Trotzdem hat es seit seinem Debut Beat the System nur rund 20 Monate gedauert bis nun mit Lost & Found sein zweites Album vorliegt.

Vom Erstling waren wir ja bereits begeistert und nun stellen sich natürlich Fragen:

1) Wie er wohl den schweren Schritt… [Insert übliches Rezensenten-Angstgelaber-über-die-Leiden-des-Künstlers-beim-zweiten-Album-here]?

2) Wie weit ist es mit Drum’n Bass gekommen, wenn im Titeltrack Männerchöre im Refrain zu hören sind?

In meiner kleinen naiven Welt ist es nahezu unvorstellbar, daß BCee Titel des ersten Albums wie Chameleon, So Right, Count the Stars oder Gift auch nur annähernd wieder erreichen könnte, denn das waren für mich Liquid Perlen von zeitloser Schönheit, Anmut und Eleganz. Aber alles totally Mumpitz natürlich!

Lost & Found klingt wie ein hörbar gewordenes Panaoramaphoto endloser Weiten. Ruhige, sanfte grüne Grasslandschaften wechseln sich mit erhabenen Sanddünen, ruhigen Hochmoorseen und rauschenden Wäldern ab.

(Don’t wonder, wir werden hier neuerdings nach Anzahl kitschiger Groschenromanvergleiche bezahlt, just don’t ask)
Es sind ruhige, chillige, poppige Stücke voller Pianos, Flächen und Reverbs unter angenehmen Beats auf 174 BPM. An die Hälfte mit verschiedenen Vocal Collaborationen mit weiblichen und männlichen Sängern (die den Damen klar den Rang ablaufen). Für kontinentaleuropäische Ohren geht das zum Teil tief in den Kitsch (wie bei Hold On), aber er schafft es immer wieder das die Tracks echt und geschlossen klingen. Auch die dunkleren Tracks strahlen erhaben, ziehen langsam wie dunkle Gewitterwolken vorbei.

Liquid Drum’n Bass kann man wohl kaum besser machen als hier. Wer auf Entspannung’n Bass aus höchstem Niveau steht, für den ist das die Wellnessoase schlechthin.

Unsere Anspieltipps:
  • 01. Lost & Found
    Wie weit ist es mit Drum’n Bass gekommen, wenn im Titeltrack Männerchöre im Refrain zu hören sind? Ziemlich weit wie ich finde. Eine so schön traurige Balladennummer, bei der die männlichen Vocals so passend sind wie selten. Den Track hatte er im Gedenken an einen verstorbenen Freund komponiert und wollte ihn auf grund des sehr persönlichen Bezugs erst gar nicht veröffentlichen.

    Um das noch auf die Spitze zu treiben, hat als Album-Abschluss eine “stripped-back Version” mit drauf gepackt, die nur aus den traurig schönen Vocals, Piano und Flächen besteht. Die lief dann bei der Trauung seines Freundes während der Sarg zum Grab getragen wurde. Persönlicher geht es wohl nicht. Bin trotzdem gespannt, auf wie viele Chill Out Compilations er das lizenzieren kann.

    Und wie viele DJs sich trauen, daß als Endtune oder Sonnenaufgangstune zu spielen.

  • 02. Our Time
    Mein persönlicher Favorit. Pianoakkorde, verhallte Gitarren, Vocal-Schnipsel und ein sofort ins Unterbewusstsein gehender Zerr-Soundeffekt ergeben einen Track, der stundenlang auf Repeat laufen kann. Das ist Drum’n Trance im wahrsten Sinne des Wortes. Schöner geht nimmer!
  • 08. Speak to the Sky
    Siehe oben der Vergleich mit den Gewitterwolken. Jetrzt gebt’s halt zu, dass ihr davon auch so berührt werdet, wie ich.
  • 09. Typical Description
    Breitwandsoooooooooooound. Mit Dubvocals und -effekten. Damit muss man Boxen in edlen Hifi Läden testen. Verstörte Gesichter des Verkaufspersonals inklusive. Es geht nicht tiefer.

2 Replies to “BCee – Lost & Found”

  1. Meiner Meinung nach ist DER Anspieltip fuer dieses Album “Back to the Street (feat. Phillippa Hanna)”. Das Sample von “Still Dre” rockt einfach!

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