Netsky – Netsky

M: Heir to the throne!

J: Quod esset demonstrandum!

J

Der Kollege überrollt mich schon wieder mit ungebremster, kaum kontrollierbarer Euphorie. “Netsky, Netsky, Netsky” ist alles was ich seit drei Wochen zu hören bekomme. Und da fangen die Probleme an. Ich tue mich einfach schwer ein Album zu hören, dessen erster Track Escape so durchschaubar und glatt ist. Wer bitte braucht denn salonfähigen D&B? Nummern die so konformen Konsenz ausstrahlen, dass sie auch bei Tally Weijl im Elbe Einkauszentrum laufen könnten und die Barbie-Teens dazu kopfnicken?
Nicht mit mir!

M! Vielleicht haben wir uns auseinander gelebt in den letzten Jahren?
Während Du die Weichspüler-Ration deiner audiblen Wäsche immer mehr erhöhst, hab’ ich zunehmend Bock auf kratzige Wollpullis, die man nicht mal waschen kann!
Während bei Dir Wiedererkennungswert ein Qualitätsmerkmal zu sein scheint, wird er mir ein lästiges übel.
Diese leicht eingängigen Melodien, mit den genregemä?en Standard-Vocals und Texten… ist das nicht Bauernfängerei? Die ewig gleiche Euphorie-Sehnsucht, die ohnehin nie mehr so sein wird, wie bei High Contrast (Essential Mix – Yieehhaaaaaa!).
Oder werde ich mich zum verbrämtem Neo-Folk Fan entwickeln, weil ich nicht mehr verstehe?

……Zurück zum Album, denn zum Glück sind Iron Heart und Secrent Agent die Nummern zwei und drei und das versöhnt mich.
Denn die halte ich für die besten Nummern des Albums. Keine Vocals, klare Synths – schöne Struktur. So darf Drum and Bass heute klingen (und tut das schon seit Jahren :). Und siehe da, wir sind uns dahingehend sogar einig.
Das Du aber auch I can’t hold it, eine plump simple gestrickte Dubstep Nummer mit Vocals unter 0815 Niveau in Deine Anspieltipps hebst, kann ich schon nicht mehr verstehen. Und nur mit Mühe tolerieren.

Für mich ein Album mit Lichtblicken, aber weder Wegweisend noch ein Must-have.
Aber, mein lieber Kollege, vielleicht ändere ich meine Meinung ja noch, wenn ich Netsky anlässlich unseres Redaktionsausfluges zum Pukkelpop Festival live gesehen habe. Ich bin nämlcih bereit mit Dir dahin zu gehen. Im Gegenzug gehst Du davor mit zu Biffy Clyro.

M

Mit das schönste an dieser Seite ist ja die Möglichkeit, seinen eigenen Enthusiasmus hier exibitionistisch zur Schau stellen zu können. Klar handeln fast alle unsere Reviews eigentlich genau davon. Aber in diesem speziellen Fall ist es auch ein besonders speziell schwerer Fall von Enthusiasmus, kommt doch in diesem Album so ziemlich all das zusammen, was mich Drum’n Bass technisch begeistert.

Doch zunächst die Fakten: Anfang Juni 2010 veröffentlicht Hospital das Debut Album des Antwerpeners Netsky aka Boris Daenen. Das Debut bildet dabei den vorläufigen Höhepunkt eines fast schon unwirklichen Aufstiegs. Innerhalb eines (gefühlten) knappen Jahres veröffentlichte er (gefühlte) 10000 Tracks auf allen angesagten DnB Labels quasi vom Start weg. Und dabei jedes mal Stücke, die ziemlich genau den aktuellen Clubsound im Drum’n Bass widerspiegeln.

Das Hospital Netsky für das Album signen konnte, kann als Glücksfall für das Label gelten, denn er ist damit das dringend benötigte Frischfleisch für den Trademark Liquid Sound des Labels, das nach den eher hingeschusterten Alben von Logistics oder dem enttäuschenden Mistabishi-Album dringend nötig war. Netsky schafft er dabei perfekt, den Liquid Sound mit dem im Jahr 2010 aktuellen Club-, Dancefloor- und Gro?raum-Disco-Sound vom Schlage Viper Recordings, Camo & Crooked, Shogun etc. zu verheiraten.

Er ist damit das lebend gewordene Update für den eingängigen, melodiegetränkten schnellen Soul von Hospital gepaart mit dem aktuell so angesagten ultraslicken cleanen technoiden Dancefloor Sound. Kein Wunder schlägt Netsky alle Fanrekorde bei Männdern und Frauen und eilt derzeit von Gig zu Gig.

Auf dem Album ist daher auch alles drauf, was auf ein Liquid Funk Album gehört: Gospel / Soul-ähnliche Stücke mit viel, viel Vocals (Moving with You, Let’s leave tomorrow, Endless Search (Hallo, das klingt wie damals Phuturistix!)) Bassläufe, die den Part der Hauptmelodie übernehmen (Hallo, wie HighContrastig ist der Basslauf auf “Porcelain“? Unfassbar.), Trancigere Nummern mit Melodieüberschuss (siehe Anspieltipps) und und und. Keines der Stücke klingt wie ein schneller Filler, vielmehr liefert Netsky eine gesunde Mischung aus angenehmen Tracks die an der Grenze von Homelistening und Club hin und her wandern.
Für mich sprudelt das Album geradezu vor seinem jugendlichen Schaffenseifer (15 Tracks!) und obwohl hier die Welt nicht neu erfunden wird, macht er in Summe alles so richtig wie schon lange niemand mehr. Diesem wohldosieren, abwägen und ausbalancieren kann ich nicht widerstehen. Das Album wirkt dadurch deutlich zeitloser als es vielleicht gemeint war. Auf der Melodie- und Hook-Seite macht es richtig Spa? zuzuhören, wie er ein ums andere Mal mit trancigen Arpeggios und eingängige Refrain-Melodien um sich wirft, als würden ihm nie die Ideen ausgehen.

Wer angenehm anhörbaren und gleichzeitig tanzbaren Drum’n Bass möchte, wird hier derzeit kaum was besseres finden. Ohne rot zu werden behaupte ich daher auch mal, dass Netsky der wahre Erbe des High Contrast Thrones ist. Sein Debut ist eine Art “True Colours 2010”. Und ein schöneres Kompliment kann ich keinem Album wohl machen.

Kaufen, Lieben, nie mehr hergeben! Jetzt schon ein Klassiker!

Meine Anspieltipps:
  • 01. Escape (feat. Darrison)
    Klar, dass Escape mit seiner Ohrwurm-5-Ton-Melodie und dem eingängigen “You have never ever had – a time like this before” Refrain hier stehen muss. Der Labelsound, ach was sag ich, die Labelgeschichte an der Grenze zwischen Soul, Dance, Pop und Drum’n Bass auf knapp 6 Minuten verdichtet.
  • 06. I can’t hold it
    Jaja, klar alle DnB Alben haben mindestens einen Dubstep Song. Und seiner ist an Poppigkeit kaum zu übertreffen. Daytime Radio Futter vom aller feinsten! Und die Melodie! Einfach nur AHHHH!
  • 04. Secret Agent
    Das Lied scheint hunderte von Melodien zu enthalten, die einem geradezu in den Kopf gehämmert werden. Der Bass und die Leadlines kann man danach nie mehr vergessen. Gedüdel auf alleroberhöchstem Niveau. Dabei passiert eigentlich gar nicht viel, aber das dafür einfach so perfekt. Ein technoider Hochglanzroller mit unfassbaren Lead Lines. Ehrfurcht, Ehrfurcht, Ehrfurcht.
  • 07. Storm Clouds
    Wie macht er das? Ein einfaches Arpeggio Motiv klimpert ein paar mal hin und her, ein klassischer harmloser Break und Schluss. Leichter Sommer’n Bass. Schon wieder ein Ohrwurm.
  • 11.The Magic Russian Bottle
    Oh herrjeh das ist soo simple! Ein klassicher, zigmal gehörter Break, ein Basslauf, ein Arrangement aus der Tube. Das war’s auch fast schon. Nix neues. Aber er schafft es, das alles locker und beschwingt klingen zu lassen.

http://netskymusic.com/

In das Album reinhören:

 

Oder hier den Album Preview Sampler anschauen:

Oder das Video zu Iron Heart:

4 Replies to “Netsky – Netsky”

  1. urks, das is GEDUDEL, sonst nüscht.
    Und hört mir mit den HighContrast-Vergleichen auf, der wird eh komplett überschätzt, die Beats taugen einfach nichts!

    Aber im Moment bin ich noch gnädig mit euch, immerhin habt ihr mir Noisia näher gebracht, läuft grad rauf und runter (zumindest immer dann wenn mein ver”$&$(&” Player mitmacht!)

  2. Hmm würde J definitiv zustimmen Netsky ist ganz nett und zugänglich aber doch eher safe und nichts wirklich Neues für leute die D&B schon länger hören.

    Gibt mir Hype mit True Playaz oder Metalheadz any day! Nostalgisch aber doch Zeitlos.
    Für D&B mit Vocals EZ Rollers machtren es schon vor 12 Jahren besser und organischer!

    ?brigens checkt mal den Magnetic Man – Essential Mix of Radio 1.

    Gruss
    Vlady

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