Pukkelpop Tag 1: In der D&B Hölle!


JM
Berichte über Festival Acts sind ja für alle, die nicht da waren ungefähr so interessant wie das Wahlprogramm der FDP, aber der Erhalt der Nachwelt dient eigentlich vor allem dazu, uns später mal an unsere eigene Vergangenheit zu erinnern, also müsst ihrt euch das jetzt antun, jeden Tag.

Und als Vorwort sei hier angemerkt, dass die zur Gemüte Führung überwiegend britischer Tanzmusik am ersten Tag keinesfalls geplant war, schon gar nicht von Connaisseur_J, aber da musste er durch und ward schlussendlich geläutert.

Also, wir schafften am ersten Tag nach über 10 Stunden Anreise tatsächlich, zu folgenden Acts abzugehen:

  • Jakwob
    In M’s feuchtesten Tagträumen fieberte er sich herbei, dass Jakwob nur für ihn den Remix von Ellie Goulding’s “under the sheets” spielen würde. Und vorher aber noch “Cockney Thug”. Seine Extase könnt ihr euch dann auch nur vage vorstellen, als es mittags um drei sofort nach dem reinkommen ins Festival genau so kam! Mann, was hat er gerockt. Und vor lauter Aufregung um seinen Act (immerhin mind. 10.000 Leute im Publikum) dann auch selber vom DJ Pult aus gefilmt. Obwohl wir zunächst etwas über die 10 – 14 jährigen die Nase rümpften, müssen wir doch anerkennen, dass die wenigstens jede Dubstep Bassline laut mitsingen können. Mittags um drei.

    Das nennen wir mal Auftakt nach Ma?.

  • Shameboy
    Kannten wir nicht. Unsere persönliche ?berraschung des Tages. 2 Belgier. Hätten wir auch nicht gesehen, denn eigentlich standen wir in der Dancehall und haben auf Kelis gewartet – die hatte leider ihren Auftritt vorverlegt, was wir nicht wussten. Und sonst auch keiner. Also gab’s Shameboy in voller Länge: TECHNO straight und anspruchsvoll, ohne Sirenengeheul und ohne Boris Dlugosch’s Bangkok (dazu später mehr) dafür aber Klasse und intelligente Arrangements!
  • Chase & Status
    Oh my fucking gosh! Wie sollen wir sowas in Worte fassen? Höchstens vielleicht Sonderpreis in der Kategorie “360grad Marketing”: Auf der Videoleinwand immer die Tracknamen anzeigen und/oder Ausschnitte aus den Videos. Fehlte nur noch der Amazon-Link per Bluetooth oder so.
    Zu mehr fehlen uns einfach die Worte. Deswegen lassen wir lieber Bilder sprechen:
    Hier ein Videobeweis, wie es bei “End Credits” war. Das war bei jeden Stück so. 60 Minuten lang. Und alle textsicher wie die Sau. Selbst bei den Basslines.
  • Iron Maiden
    Les grand Monsieurs. Auf der Main Stage, also open air, wo die gro?en Mainstream-Metal Acts spielen. Es war eine Lehrstunde mit den Schwerpunkten:
    – Konzentration auf Kernkompetentz
    – in Würde altern
    – gib deinem Publikum genau das, was es hören will
    – sei ganz du selbst
    In Summe herrschte ein gutes Karma und die Jungs sind einfach entspannt. Beeindruckend.
  • Miike Snow
    Haben wir nur die ersten drei Nummern gesehen, Miike Snow wissen, wie man sich auf Festivals präsentiert, in dem man nämlich gleich zu Beginn die drei bekanntesten Stücke spielt, um die Gelegenheitshörer zu halten. Sehr schön. Gute Akustik!
  • Fuck Buttons
    Kunstinstallations-Drones eher schlichter Machart, zwei Modularsynths laufen 10 Minuten durch und es wird etwas an den Reglern gedreht und mit Rotzbremse ins Mirko geschrien. Dann hallt und delayed es wild umher und der nächste Track beginnt. Wohl eher was für die totale Entkörperung in Rahmen psychedelischer Experimente, aber auf Festival-Niveau dann doch anstrengend und auch etwas zu “billig” im Vergleich zu den Alternativen. Aber trotzdem gibts einen Preis: Für den mit Abstand lautesten Sound. Selbst mit Ohrstöpseln. Geholfen hats nichts.
  • Laidback Luke
    Das Mafiöse Programm von Pukelpop enthält so ziemlich alle Familienmitglieder des Diplo / Switch / Fake Blood / … Clans. Und deswegen auch Laidback Luke. Allerdings is it a very very strange definition of the word “Laidback”. Maybe that’s the Rotterdam Terror Dome style of “laidback”. Aber seht selbst. Und ja, es singen alle die Basslines mit (ab 1:55):

  • Groove Armada
    Hatte man ja immer als “90er Wahnsinns Act aus UK. Muss man irgendwie gut finden” gespeichert. “Super styling…” ist ein Ohrwurm. Aber in Summe eigentlich eher arrivierter öffentlich-rechtlicher Beliebigkeits-Electro (im Deutschen Sinn, nicht im UK BBC Radio 1 Sinne öffentlich rechtlich). Kam – nicht zuletzt auch aufgrund der eher schlechten Abmischung – sehr, sehr lau und müde rüber. Allerdings kann es auch sein, dass es am Wummer-Umfeld liegt, dass dann so ein eher zartes Pflänzchen niedergetrampelt wird. Gerissen haben sie jedenfalls nichts.
  • Steve Aoki
    “Raise your hands for Steve Aoki”. Wohl kaum. Unsympath des Tages. Ist wie ein überdrehter Gummiball auf den Boxen rumgehüpft und hat nur gebrüllt – sonst nix. Und zwar lauter als Scooter und auf exakt dem selben Niveau…..oder nein: darunter, denn wir wollen Scooter ja nicht Unrecht tun.
  • Noisia
    Ohne Worte. Das unglaublichste Set aller Zeiten und die intelligenteste Form der Tanzmusik, eigentlich eher für versierte Zuhörer, als für Tänzer…. aber trotz der 7/8 Beats, der Breaks und Tempiwechsel immer tanzbar. Und wenn die Jungs und Mädels hier in Belgien eins können, dann ist es zu anspruchsvoller Tanzmukke abgehen. Noisia bekommen zudem zwei Preise von uns:
    1. Für Integration
    Der Boiler Room ist das einzige Zelt ohne extra Platz für Rollstuhlfahrer, weswegen der einzige anwesende Rolli-Fahrer neben dem MC auf der Bühne sitzen durfte (und da im sitzen abgegangen ist, dass die Schwarte kracht) und
    2. Für den MC
    Denn der Verstand was von seinem Job als Master of Ceremony: Einheizen, wenn’s nötig ist und schweigen, wenn der Sound ohnhein schon alle mitnimmt. Wir verneigen uns in Ehrfurcht!