Pukkelpop Tag 3: High Energy?


JM

Am dritten Tag war der mittägliche Gang vom Hotel zum Festivalgelände unterwegs fast schon eine Bürde. Wieder da hin? Noch mehr Muskelkater? Aber kaum waren wir durch das Portal, hörten die ersten Beats, die ersten Leute schon wieder am tanzen….. ach, fast wie heimkommen. Also: Zähne zusammenbeissen und durch. Es wartete schlie?lich nochmal Programm auf uns:

  • Caspa & MC Rod Azlan

    Den Tag um halb vier mit Caspa zu beginnen sind wir nicht gewohnt. Wirklich nicht gewohnt. Haudrauf Festival Dubstep (Brostep) und die ganze Crowd schreit, singt und flippt total aus. Der MC ist ein Traum. Warum können schon wieder alle Leute alle Basslines mitsingen? Wie viele Remixe gibt es noch von Swedish House Mafia’s “One”? Wie geil ist es, dass Caspa mit der neuen Magnetic Man Single aufhört und damit den perfekten ?bergang zu High Contrast schafft?

  • High Contrast

    Connaisseur_M: Muss hier dediziert selber schreiben, um J nicht mit ins Verderben zu ziehen. Ich gestehe, ich hatte ihn vorher noch nie spielen sehen. Und eigentlich kann ich ja nur enttäuscht werden bei meinen überhohen Erwartungen. Aber von wegen. Wahrscheinlich hätte High Contrast auch nur dastehen können und das Publikum wäre schon abgegangen. Für mich eines der Highlights und der heimliche Abschluss des Festivals. Brav hat er alle Festival-Hits gespielt, die man spielen muss. Einige seiner alten Klassiker, jedes zweite Lied von Camo & Crooked oder Netsky und selbst er musste einen DnB remix von Swedish House Mafia’s “One” spielen. Tempo und Stimmungswechsel perfekt von Hart bis Liquid kann man sich ein Festival Set nicht schöner vorstellen. Habe geweint vor Glück. Oder es war das Kondenswasser oder die Wasserzerstäuber, die von der Decke kalten Wasserdampf auf die Menge blie?en um ?berhitzungen zu vermeiden. WIE GEIL IST DAS DENN? Lincoln, I love you. So, lieber Connaisseur_J, und jetzt sag Du den Leuten, wie es wirklich war

    Connaisseur_J:
    War ich bei High Contrast? Wirklich? Ich kann mich an nichts erinnern ausser fliegende Beine alle Altersklassen, Extase und Dauergrinsen auf hohem Niveau. Und selbst wenn es so derbe abgeht entschuldigen sich die Leute, wenn sie dir auf den Fu? treten, als ob das jemand merken würde. Und eine Frage noch an die High Contrast Dance Crew mit der wir unterwegs waren: Haben wir eigentlich wirklich 10 Liter Wasser getrunken währen des 90 minütigen Sets? Mhm….ich glaube ja.

  • Autotea

    In der Tea Area sitzen und abwechselnd den Lärmtsunami von Ill Nino und noch brachialere orientalischer Autotune-Musik (Dübstüp?) hören.
    Während um uns rum alle an den Sishas hängen – kurz abwarten und Tee trinken und dann endlich doch mal was Essen!
  • Underground Fry

    You can fry food, or you can deep fry food. Belgians have developed a way of very very deep frying nearly everything. Maybe they call it underground frying or maybe not. It’s still uncelar if there are other positive consequences from ingestion than replenishing the salt and fat levels.
    Und selbst Bratwurst ist frittiert! Aber: Dann doch mal kurz eine Lanze gebrochen für das Festival Food an sich. Denn wieviele Festivals gibt es wohl auf denen man Muscheln essen kann? Und eigentlich auch sonst alles – für jede Zielgruppe. An den Preisen muss teilweise noch gearbeitet werden. Denn eine gro?e Frühlingsrolle kostet 2,50 ?, was ok geht ABER ein Döner kostet zwischen 10,00? und 12,50?, was mehr als fragwürdig ist. Naja, wir sind ja nicht zum kulinarischen Sommer hier!
  • Vermin Twins
    Bruder und Schwester – eigentlich reduzierter 8bit-Funk, aber live leider mit Schlagzeug und ein bisschen Pseudo-Wahnsinn vom Schlage einer Nina Hagen. Ok, sicher das erste gro?e Festival das die spielen und da wollten sie eben in nichts nachstehen. Von daher: hört Euch das Album an, denn das ist es Wert…und den Auftritt vergessen wir einfach wieder.
  • Bei Joker und MC Nomad vorm überfüllten Zelt sitzen

    Ein Zelt, das eigentlich eher für Sitz-Singer-Songwriter-Acts oder Electro-Frickel-Unanhörbarkeitsacts ausgelegt war, musste Joker beherbergen. Klar, dass es sofort wegen ?berfüllung geschlossen werden musste. Wir mussten drau?en bleiben, aber selbst dort hat uns der Subbass das indische Essen vom Pappteller gefegt.
  • Flying Lotus

    “Hey Pukkelpop, I hop you don’t mind if I play some Hip Hop songs, ’cause my heart belongs to Hip Hop, that’s where I’m from”. Ha! Flying Lotus, du unglaublich coole Sau…. die Hip-Hop Nummer lief genau 30 Sekunden und dann gings in einem wilden Ritt über Dance/House/D’n’B/Dubstep zurück zu Soul und Hip Hop. Flying Lotus ist der Enkel von John Coltrane und de facto ist das, was er da zelebriert hat Freestyle Jazz mit elektronischen Mitteln. Flying Lotus bekommt den Preis für die beste Arbeit an den Mischern und er hatte auch noch Spa? dabei. Wir auch. Make some noise for……….Und jetzt schaut mal wie einer aussieht, der Spa? an seiner Arbeit
    hat:
  • Pendulum

    Der falsch-platzierteste Act des ganzen Festivals. Von der Uhrzeit und dem Lineup spielten Pendulum quasi konkurrenzlos. Zusammen mit der Tatsache, dass deren Musik perfekt die Heavy-Metal und die Electronic Besucher vereint, ergab das ein totales Chaos: Es waren genauso viele Menschen vor wie in der Halle, die Leute kletterten auf alles, was nicht sofort nachgab. Als dann ganz zum Schluss noch “Slam” gespielt wurde, brachte das Publikum die Halle fast zum Einsturz vor lauter ausrasten. Der Act hätte auf die Main Stage gehört. Alle die drau?en standen konnten au?er ein paar Beats absolut nichts hören. Störte aber keinen, denn es wurden dann einfach alle Basslines und Vocals mitgesungen, Pendulum Karaoke mit mehr als 4000 Leuten. Stimmungsmä?ig ein gelungener Abschlusshöhepunkt.
  • Ach so

    den ganzen Tag (von 17:00 – 02:00) hatten Boys Noize Records eine Halle inkl. Au?enbereich gekapert und es lief durchgehend gewummer der allerfinstersten Sorte und mindestens alle halbe Stunde “Bangkok” von Boris. Und Major Lazer und und und. Nur Topless wollte keiner spielen 🙂
Fazit: Wir sind geläutert, gereinigt, gefühlte 10 Jahre gealtert und glücklich. Viele unserer musikalischen Werte wurde gefestigt und bestätigt (Hot Chip, …). Wir bereuen nichts. Einige Dinge haben uns aber verändert. Wir wurden weiser. Connaisseur_J bekannte sich endlich offen zu euphorischer Gro?raum-Festival-Cheesy-Drum’n-Bass-Mucke der schlimmsten Sorte. Die Welt des Dubstep (in seiner fiesesten Jump-Up Bro’Step Form) eröffnete sich uns und wir haben jetzt endlich den Kontext verstanden und sind konvertiert.
Wobble wobble. Barp barp.

Wie gro? aber die festlandeuropäische Dubstep Community ist, hätten wir uns nie träumen lassen. Es lief de facto durchgehend immer irgendwo Dubstep und es war keine Randgruppen-Musik, sondern der elektronische Mainstream auf dem Festival.

Gesehen
Die Organisation war beeindruckend. Wer logistische Excellenz vom Bahnsteig bis zum Toilettenpapier sehen will, wer sehen will, wie man Gro?veranstaltungen richtig macht, der muss da hin. Für alle Logistk-Studenten eine Lehrstunde. Für alle, die dachten dass 170 Dixie Klos für 65.000 Leute am Tag den Ausbruch von besiegt geglaubten Seuchen bedeuten: Nicht wenn die Klos alle 2 Stunden komplett gereinigt und desinfiziert werden. Komplett. Alle 2 Stunden.

Gefühlt
Für alle Security Verantwortlichen auch: Security im eigentlichen Sinne war nie präsent, alles wurde diskret geregelt. Selbst die Ordner, die bei den Mosh-Pits die schlimmsten Druffis rauszogen, mussten nicht mit Gegenwehr rechnen. Ein einfaches “you have to go out. now” reichte und die Leute gehorchten aufs Wort. Egal in welchem Zustand. Die weiteren Crowd Control Ma?nahmen erstreckten sich auf alle Aspekte des Festivals inklusive Türstehern vor den Bahnaufgängen an Knotenpunkten mehrere Stationen vom Festival Gelände weg. Als Deutscher, der die Schande von Duisburg noch im Genick hat, lehrt einem das erstmal Demut.
Das ist jetzt natürlich unsere persönliche Meinung und bezieht sich auf die Gigs bei denen wir waren. Das Limp Bizkit ihr Konzert auf der Main Stage angeblich früher Beenden mussten, weil zuviele Leute auf der Bühne, den Boxen und sonstwo waren, können und wollen wir nicht bewerten, weil wir nicht dabei waren. Aber ganz ehrlich: Wer hat denn die ganzen Mädels auf die Bühne geholt?


Gehört
Und dann der Sound, wir müssen den Sound loben. Er war unfassbar. Auf allen Bühnen, die wir besucht hatten, war der Sound immer klar, die Bässe nie verzerrt, nie zu laut, die Höhen seidig und die Mitten differenziert. Selbst Aufnahmen mit dem Handy klangen nachher besser als mancher Internet Stream. Wir hatten natürlich extra einen eigenen Tontechniker von Radio Bremen als Gutachter für die Soundanlage mitgenommen und er attestierte höchste Professionalität.

Für uns drei Tage lang Urlaub auf höchstem Niveau. Bis auf Steve Aoki vielleicht…

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