The Prodigy – Invaders must die

Better back than dead

Warum mit den Wolfen heulen? Warum zum neuen Prodigy Album etwas sagen, wo doch schon alles überall breit getreten worden ist? Weil es dafür drei überzeugende Gründe gibt:

  • Das zweite Prodigy Album “Music for the jilted generation” ist in Connaisseur_M’s Alltime-Top5 und “Break & Enter” der vielleicht alleroberbeste Track aller Zeiten
  • das vierte Album “Always outnumbered…” fanden wir so bedauerlich, dass wir es uns nicht mal getraut haben, hier zu erwähnen
  • mehr noch als vielleicht das Album selbst, hat Berichterstattung Unterhaltungswert

Also lieber gleich unsere subjektive Faktensicht:


Auch wenn Liam Howlett es in vielen Interviews vehement bestreitet: Das ganze Album schreit “Retro”. Prodigy kopieren sich selbst und klingen wie früher. Fast alle Top-Singles der ersten drei Alben erleben hier eine Wiedergeburt, manche als höheres Wesen manche auch als niederes Insekt. Finden wir jetzt alles andere als verwerflich. Lieber sich selber erfolgreich kopieren, als es anderen überlassen. Zudem ist die Elektronik + Gitarren + Rave ?sthetik ja durch alle Prodigy-Kinder wie Justice, Pendulum, Digitalism wieder hip. Als Erfinder des Genres darf man da doch ruhig wieder mitmischen.

Das ist dann auch mal und mehr mal weniger gelungen, wie wir finden, denn sie klingen…

  • …an den guten Stellen wie Prodigy selbst zu “Experience”, “…jilted…” oder auch “Fat of the land” Zeiten
  • …an den annehmbaren wie Pendulum
  • …an den weniger guten wie eine Prodigy Imitation
  • …an den schlechten Stellen wie Pendulum für arme

In Summe durchwachsen akzeptabel, mit unter etwas zu anbiedernd. Die Anstrengung zu zeigen, dass man immernoch “voll böse”, “voll rockig” und “voll aktuell” geblieben ist, wird hörbar. Titel wie “Run with the wolves” oder “World’s on fire” sind mehr “Fat-of-the-Land”-by-numbers als der Band würdig. Live ist das aber sicherlich der Bringer. Und darauf kommt’s ja “in diesen schweren Zeiten” ja auch an. Und dort zahlen sich 20 Jahre Raveerfahrung halt doch aus.

Expliztit zu bemängeln sind m.E. aber die Beats. Es dominiert das immergleiche Heavy-Metal-Bumm-Bumm mit viel Distortion. Vorbei die filigranen Oldschool Breaks, es regiert grö?tenteils der Wummer. Da hätte man sich vom eigenen “Experiance”-Album ruhig mal mehr klauen sollen, als die Ein-Finger-Melodien oder die gepitchten Vocals (von denen Prodigy bestreiten, dass es sie gibt) oder die Reggae-Samples. Mehr Breakbeats hätten nicht geschadet.

Fazit: Ein akzeptables Album, vielleicht halb so stark wie der Ruhm der Band selbst und definitiv vom Geiste her in der Vergangenheit verhaftet. Aber 1000 Meilen besser als der fragwürdige Vorgänger. Prodigy sind back!

Anspieltipps:
  • 05. Take me to the Hospital
    Titelsong zum eigens für dieses Album gegründeten Label. Enthält alles, was zu Prodigy gehört: Die Breakbeats (hier endlich!), die typischen Lead-lines, die Rave-Chords, und die hochgepitchten Vocals. So klingt “music for the jilted…” in 2009. Ein würdiges Remake.
  • 06. Warrior’s Dance
    Fette Bässe, ein schönes Euro-Dance-Vocal und Breaks: Der erfrischendste Track des Albums. Oldschool und Newschool im Schwei? vereint.

In das Album reinhören:

Go to Beatport.com Get These Tracks Add This Player

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Und das soll auch die ?berleitung für den zweiten Teil sein, nämlich der Umgang mit der Band und dem Album in den Medien. Wie wir finden, wird hier einmal mehr deutlich, dass die elektronische Musik noch nicht gelernt hat, mit Tatsachen umzugehen, wie sie bei älteren Genres üblich sind:

  • Bands leben tatsächlich mehr als 3 Jahre
  • und deren Mitglieder überleben tatsächlich den von der Szene gewünschten hedonistischen Sex+Drugs+RockNRoll Livestyle
  • sehen aber dafür halt auch so verbraucht aus
  • Innovation besteht nicht nur daraus, dass alle 2 Jahre ein neues SubSubSubgenre erfunden wird und alles andere über Nacht plötzlich als peinlicher Retro oder Schlimmer noch “Trance” bezeichnet wird.
  • eine Band hat mehr als zwei Alben und zitiert sich auch mal selbst; trennt sich, kommt wieder zusammen
  • Live-Konzerte sind der Kern und dort spielen alte Säcke für alte Säcke

All Das ist im Heavy Metal, Rock’n Roll, Soul, Country oder werweiswas absolut usus und normal. Wenn aber Prodigy – als vielleicht einer der ersten Vertreter, auf die das zutrifft – genau den gleichen Gesetzmä?igkeiten für die Dance-Musik folgen, wird es vor allem der Presse wohl sehr unangenehm.

Entweder das neue Album wird als Stein der Weisen verkauft und jegliche, also wirklich jegliche Vergleiche mit den Vorgängeralben wird konsequent totgeschwiegen (=englische Presse), oder Prodigy werden von vornherein aufgrund Ihres ehemaligen Mainstream-Erfolges diskriminiert und ob Ihres Alters belächelt (“immer-Druff-Sound”, “sieht verbrauchter aus, als er alt ist”).

Seltsamerweise geht es Prodigy selbst genauso. Aggresiv wird verneint, dass es Retro-Elemente oder schlicht Remakes alter Songs sind, die am meisten knallen. Dass es hochgepitchte Vocals gibt oder überhaupt irgendeine ?hznlichkeit mit früheren Werken. Geradezu lächerlich.

Dazu sollte man sich mal das Groove-Interview mit Prodigy ansehen, das hat sehr hohen Unterhaltungswert in beiden Bereichen (Verachtung des Authors für Prodigy und die aggresive Verteidigungshaltung von Prodigy selbst).

Offensichtlich haben beide Seiten Probleme mit dem älter werden. Es bleibt interessant. Und wir prophezeien, dass vielleicht ein Booka Shade dann auch eben mit 65 noch auftreten und “alte Hits” für die Zielgruppe leiern werden. Ja, das wird normal und wir müssen damit leben. Klar, das ist zunächst schwer verdaulich für eine Band in der Keith eben für immer den Teenie-Rebellen spielen muss und hüpfen hüpfen hüpfen (der dritte Tänzer ist ja auch wohl eher altersbeschwerden-bedingt ausgesitiegen: Knieprobleme!). Wir freuen uns jedenfalls, diese Entwicklung mitverfolgen zu können.

5 Replies to “The Prodigy – Invaders must die”

  1. Sehr schöne Kritik. Am besten gefällt mir der Teil mit “beide Seiten haben Probleme mit dem älter werden.” muhahaha…

    Ich glaube bei einigen der Groove Authoren hat die Midlife Crisis schon länger eingesetzt. Anders kann ich mir ihr ständiges gemoser gegen alles was kein minimal oder dubstep ist nicht erklären.

    The Prodigy is back! kann man so unterschreiben, ihr neuer Style ist überhaupt nicht mein Geschmack. Aber ich freue mich für sie das sie mit ihrem neuen Album wieder durch die Welt Raven können.

  2. Da es mir ebenso wie Connaisseur M. geht und sowohl “Experience”, als auch “Music for the jilted Generation” zu meinen all-time-favourite Alben schlechthin gehören, bin ich von den darauf folgenden Prodigy Alben eher (sehr) enttäuscht. Keine verliebte Beatspielereien mehr, nur noch Boom. Von “Invaders must die” hatte ich beim Erscheinen des Albums in die ersten 2-3 Tracks reingehört und auch gleich wieder ausgemacht. Die Sache war für mich gegessen.

    Aber dank Euch (yeah!) hab ich jetzt nochmal in track 5 und 6 reingehört – gefallen mir recht gut, vor allem “Warriors Dance” hat was.. klingt wirklich etwas nach “Experience”, nur eben etwas lauter, ruffer und “retro-moderner”. Ich denke, ich werde mir das Album doch nochmal in einer gut aufgelegten Stunde zu Gemüte führen. 🙂

  3. egal ob altu gut, neu schlecht. ob rückwärts denkend, oder vorwärts sehend.

    DAS Album macht einfach Spa?!

    auch noch nach zgi mal hören im Auto

    Geilster Track: erste Bonus Song der Special Edition

  4. Also die letzte Prodigy Produktion ist wirklich ein schönes Album um es nebenher beim Autofahren aus den Boxen dröhnen zu lassen, denn die Tracks sind weder anstrengend zu hören noch wir es auf dauer wirklich langweilig, da könnte man sogar die Beine mal verrenken beim Lenken.

    Mit gefällts super und dank AmazonMP3 auch noch zum tollen Preis 😉

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