Bernadette La Hengst – La Beat

Wir sagen: nett!!

Connaisseur_J sagt dazu:
Ok. Also ohne Katja wäre ich auf diese Frau nicht aufmerksam geworden. Geschweigedenn dass ich auf einem Konzert gelandet wäre. Und das steht im Vordergrund, denn ich bewundere den Mut sich ganz alleine mit ein Paar Samplern und einer Gitarre auf die Bühne zu stellen und eine gute Show zu bieten. Und dann auch noch die Flexibilität von Frontfrau von “Die Braut haut ins Auge” (Mukke auf die meine Mutter total abfährt) so eine Entwicklung zu absolvieren und ein respektabler Solo-Act zu werden. Im Hamburger Ex-Heimspiel natürlich mit Unterstützung von z.B. Peta Devlin und Knarf Rellöm ein sehr entspannter Abend.

Also deswegen auch meine Empfehlung: Sollte sich für Euch die Möglichkeit ergeben unbedingt – vorurteilsfrei – live anschauen. Entgegen unserer Tradition hier bei RadP bewerten wir auch das gerade erschienene Album obwohl mir an manchen Stellen ihr Debut "Der beste Augenblick in meinem Leben" besser gefällt. Doch nun zu La Beat: Hier ist eigentlich von allem ein bisschen was vertreten: tiefe Beats, die an Hip-Hop erinnern, Sound der in der Tradition von Becks’ Sound steht, aktuell angesagter Elektropunkpseudosound und deutsche Texte mit Inhalt. Kritsiche Texte (Globe), Liebeslieder (Zug ohne Bremse), amüsantes (Nie mehr vor Mittag)……….. Auf jeden Fall hört man, dass das Zeug direkt aus Berlin kommt und wahrscheinlich dort auch sehr gehyped wird. Mein Urteil ist und bleibt ein klares nett. Nicht mehr und auch nicht weniger. Aber Live definitiv zu empfehlen!

Anspieltipp:

  • 3. Rockerbraut und Mutter
    Ja, man wird älter! Schöner Song. Ist das Queen?
  • 8. Warum nicht 2
    Mich zumindest erinnern Text und Sounds ein bisschen an Beck in den Anfängen. Achtung meine Titelangaben beziehen sich auf die Vinylausgabe.
  • 4. Ich habe Hunger
    Deswegen auch mein klares Urteil………………..

Connaisseur_M sagt dazu:
Das musste irgendwann passieren. Berlin-Hype Elektro Mucke mit Textanspruch von "charismatischer Frau" und "Live ist die sicher voll gut"-Meinung. Und ich muss mir das anhören und dann drüber schreiben.

Bevor ich eben dieses tat, habe ich mir erstmal alle Klischees, die mir zu diesem Genre einfallen aufgeschrieben und erst nachher abgeglichen, wie sich das jetzt bei diesem Album verhält. Also da wären die Klischees:

  1. Das Wort "Wahlberlinerin" muss auf der Webseite vorkommen
  2. Die Klamotten bei der Bühnenshow sind betont spiessig um nachher zu sagen, dass es ja total ironisch gemeint war
  3. Wenn mal tolle Melodien oder Ideen vorkommen, dann müssen total nervige Drums dazu, die das ganze wieder kaputt machen (in den Rezensionen wird das dann als "Punk Vergangenheit" der Protagonisten erklärt…)
  4. Texte sind oft gemischt Deutsch und Englisch. Vor allem bei augenscheinlich "nachdenklichen" oder "anklagenden" Texten
  5. Die Texte dürfen sich nur alle 12 Sätze reimen und garantiert keinen Flow haben. Oder es muss sich jedes vierte Wort mit den abgedroschensten Volksmusik-Reimen reimen.
  6. Es müssen "total absurde, aber doch irgendwie sü?e" Vergleiche und Erlebnisse beschrieben werden, wie z.B. auf einem Panzer durch eine Bonasi-Baumschule zu fahren, oder sich "ein Wurstbrot an die Schuhe binden"…
  7. Texte haben keinen musikalischen Bezug zur Musik. Es muss klingen, wie ein laufender Track zu dem sich jemand "freestyle" einfach "toll" klingende Wörter ausdenkt. Refrain, Strophe, Bridge haben da nix zu suchen, obwohl die Musik als "Pop" verkauft wird.
  8. Auch wenn es die heutige Technologie möglich macht, auch mit relativ wenig Geld professionellen Output (Klangtechnisch) zu erzeugen, so DARF dies AUF KEINEN FALL angewendet werden. Alles muss roh und amateurhaft klingen und besser noch sein. Das bringt v.a. bei Spex viel mehr Zeilen.
  9. Im Summe ist die Musik entweder "unersträglich / nervig" oder "nett, aber leider zu roh"
  10. Gesangstalent ist eher hinderlich
  11. Die Künstlerin / der Künstler / die Gruppe müssen insgesamt dem Zeitgeist so weit voraus sein, dass Tita von Hardenberg persönlich anruft und zu polylux einlädt

Und was musste ich nun beim Hören von "La Beat" feststellen: Immerhin stimmt die Hälfte aller Klischees! Welche, das könnt ihr selber rausfinden. Auf der Webseite kommt tatsächlich das Wort "Wahlberlinerin" vor. Und auch noch das Wort "Agitations-Chanteuse", uhhh. Der "Waschzettel-Text" dort ist hart an der Grenze der Unerträglichkeit.
Aber nun zur Musik: Viele Tracks haben echt tolle Ideen und gehen gut ab. Oft sind v.a. die Beats angenehm verfrickelt aber trotzdem eingängig. Toll! Manchmal gilt aber auch o.g. Nummern 7 und 8. Oft denkt man sich "oh, tolles Demo, wenn das jetzt einer mal richtig ausproduziert!" ("Zug ohne Bremse" ist so eine Perle oder "Hast du jemals überlegt"). Würde mich interessieren, wie stark denn der "Co-Produzent" Ekkehard Ehlers denn bei der Erstellung der Tracks beteiligt war. Ich wünsche mir herzlichst, dass der nicht die ganze Mucke gemacht hat und die Bernadette nur die Heimfricklerin spielt. Eher text-peinlich finde ich "Globe" (siehe laufende Nummer 4 oben). Improve your Aussprache!? Aber toller Sound. Die Stimme finde ich insgesamt etwas zu "weak" für diese Vocal-lastigen Tracks. Coverversionen und Remixe mit Stimmgewaltigen Soul-Röhren würden sicher gut abgehen (Rockerbraut und Mutter ist mein Liebling!).
Die Texte finde ich inhaltlich sehr interessant, aber mir fehlt da der Flow/Reimkunst.

Insgesamt kann ich mich dem "nett" anschlie?en, aber beim schnellen Durchhören doch noch ein "nervig" hinzufügen. Trotzdem ist das Live sicherlich gut anhör- und ansehbar. Und die Tita wird auf jeden Fall anrufen…

Eines noch: Ausnahmsweise stimme ich Spex bei deren Review voll und ganz zu: "Warum hei?t es eigentlich "der Beat", wo doch so viel mehr Frauen so viel besser tanzen als Männer? Bernadette La Hengst, Ex-Wahl-Hamburgerin, jetzt Wahl-Berlinerin, hat das mit ihrem neuen Album richtig gestellt: "La Beat" lautet das korrekte Genus."

Leider gibt es das Album nicht bei Soulseduction! Aber Ihr könnt Euch an Amazon wenden und vorhören………….

Oder bei Bernadette nachlesen…

2 Replies to “Bernadette La Hengst – La Beat”

  1. was bleibt einem erdenwesen, das in einer der kulturellen hochburgen mitteleuropas (bad salzuflen) aufwächst, anderes übrig, als sich zu einem multitalent zu entwickeln

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