Jan Delay – Mercedes Dance


Wir sagen: Lasst den Mann doch einfach nur Mucke machen, ja?!

Connaisseur_J sagt dazu:

Wie soll ich denn jetzt anfangen? Sorry Jan, is all that I can say. Das deutsche Feuilleton hat mir dein Album versaut. Das war schon bei der Fussball WM so. Weisst du Jan, ich fand die WM echt nett. Ich war auch Spiele schauen, hab’ zwar keine Fahnen oder Trikots getragen, aber dennoch war ich dabei und ich hatte Spa?. Hab’ mitgefiebert, hab’ Gänsehaut gehabt, war den Tränen nah. Leider lese ich auch täglich das Feuilleton. Dachte ich sei auf der guten Seite, denn die Arbeitskollegen haben immer den Wirtschaftsteil der SZ gelesen und das Feuilleton weggeworfen. Bei mir ist es andersrum. Ich fange mit den Kulturseiten an.


Und deswegen habe ich auch erst über Dein neues Album gelesen und es dann gehört. Vielleicht ein Fehler? Wegen der FAZ(S) wollte ich dein Album schon fast gar nicht mehr hören. Und auch wegen dem sonst über alles geliebten FM4. Die Hoch-Jubeln Dich als Rettung der deutschsprachigen Musik. Die sagen Deine Mukke ist DAS ultimative non plus doppel-ultra. Die sagen DU bist fast alles was zählt! Die sagen Deine Reime sind der Wahnsinn. Und dann höre ich dein Album und denke: Hey Mister Feuilleton hast du jemals Reime von Deichkind oder Dendemann gehört? Hast du jemals Funk von G-Funk Kiosk oder der Fall Böse gehört? Aber weisst du Jan, dann ist mir aufgefallen, dass hast wahrscheinlich nicht Du dir ausgedacht. Wahrscheinlich bist Du nicht zur Presse gelaufen und hast denen gesagt: Ich bin der Messias! Geschrieben haben sie es trotzdem. Und im Radio erzählt. Bevor ich jetzt hier also ein Zitat erwähnen möchte bleibt zu sagen: Manchmal ist weniger mehr! Wie soll man mit diesen Ansprüchen ein Album hören? Reisst Euch mal ein bisschen am Riemen, ihr Götter der Kulturkritik und haltet es wie wir: Raus aus der Prostitution! Nicht jedes Album muss eine Sensation sein. Nicht jeder deutschsprachige Künstler muss gleich in einer Reihe mit Udo und Rio genannt werden. Musik muss meine Seele berühren, sonst hat sie keinen Wert für mich, nicht mal einen ideellen!

Trotzdem sind es bei aller musikalischen Pracht wie immer bei Jan Ei?feldt die phänomenal gereimten Texte, die für Glücksattacken sorgen. Texte, die ständig pendeln zwischen Stil und Statement und gerade wegen dieser Pendlerei nie ihre Lässigkeit verlieren. (…)Hier soll nicht wie bei der Band Mia, die sich vor zwei Jahren unter lautem Protest an der angestrengt positiven Neudefinition eines deutschen Selbstverständnisses verhob, gemeinsam ??neues deutsches Land” betreten werden. Hier geht es um ein eigensinniges, abgrenzendes ??trotzdem”, das nichts, aber rein gar nichts von seinem Land will.

Soviel zu den Kritikern!
Und was sage ich? Jetzt wo ich hier sitze nach einem harten Arbeitstag und Dein Album höre. Ich finde es nicht schlecht. Wenn Du damit nicht die Muik in Deutschland retten willst geht das klar. Ich finde nicht, wie die FAZ, dass es “rummst als gebe es kein Morgen”, ich finde auch nicht, dass Deine Reime “nie dagewesenes zeigen”, aber wenn Du einfach ein Album machen wolltest, dass deutschsprachig ist, dass Kritik übt, dass man gerne hört und auf dem Songs sind, die man gerne hört und das nicht nur einmal. Dann sage ich: danke!
Auch für die Nachricht auf meiner Mailbox, die ich unserer Leserschaft …..nicht vorenthalten will…...

Anspieltipp:

  • 8. Plastik

    Auf 2006 getrimmter Grandmaster Flash Sound. Gute Idee. Mag’ ich, hör’ ich.
  • 11. Im Arsch

    Ja, ein Duett mit deinem Idol. Finde ich gelungen. Und Hamburg seid Ihr halt definitv beide, so irgendwie.
  • 01. Mercedes Dance Intro

    Jetzt ist Funk dran? Wenn wir uns einigen können, dass das kein Funk ist, bin ich bei Dir. Der Song geht klar, aber kein Funk, Nein, Nein, Nein.

Connaisseur_M sagt dazu:

Ab und an schreibe ich meine Kritik vor auf ein Blatt Papier, weil unterwegs oder so. Wie hier. Da mein Rezensent und ich ab und an eine einzige amorphe Einheit bilden, muss ich vieles jetzt ungeschrieben wegwerfen, weil oben schon geschrieben. Also alles neu.

Und erstmal beginne ich mit Verwunderung darüber, dass mir bisher der Feuilleton Teil in der Bild-Zeitung gar nicht aufgefallen war. Schleierhaft, womit Connaisseur_J denn immer anfangen will zu lesen. Oder ist da Seite 3 gemeint? Aber nun zurück.

War schon immer Jan Delay Fan, weil Stimme und Beats immer schon super gut harmoniert haben. Und wenn wir schon bei der Musik sind: Also hier wird gar nix gerettet. Finde es auch keinen Funk, aber ich glaube das will er auch nicht sagen. Eigentlich ist es der gleiche Stil wie immer, ob Beginner oder “Jan Soul Rebels”. Jetzt halt etwas “straighter”. Musiktechnisch quasi eine ravisierung seines eigenen Stils (was er ja immer vehement ablehnt). Vieles kracht unglaublich, weniges nervt und einiges schwache wird nur durch den Textflow ordentlich gepusht. Würde sich ein des deutschen nicht mächtiger diese CD anhören, würde sie wohl sauber als “etwas zu belanglos” schubladiert werden. Aber deutlich deutlich besser als das letzte Beginner, auf dem nur das “Kake is at the dampf” wirlich reingehauen hat, der rest war zu wuselig irgendwie.

Nun aber zum aber: Auch ich glaube, dass Jan Delay es explizit nicht darauf abgesehen hat, als “Rettung der deutschen Musiklandschaft” in Kreise vorzudringen, in denen sich die Helmut Karaseks dieser Welt in öffentlich-rechtlichen-Zeitgeist-Talkshows auf dritten Programmen nach 23:30 Uhr mit Namedropping über seine Musik als junggebliebene Intellektuelle brüsten. Und das, ohne jeh einen Track gehört zu haben. Das ist wohl der Preis für zu viel Major Feuilleton Sponsoring. Ein Zeichen fortschreitender Max-Herrisierung. Was dabei aber mittlerweile schon etwas aufstö?t, ist, dass Jan Delay mit der Zeit immer noch hochnäselnder wird und den HipHop Kindergarten-Gestus des abgeklärten Oberblickers nicht endlich etwas ablegt. Von Selbstironie, gar Demut ist hier weit und breit keine Spur. Statt dessen wird munter gymasiale Anti-Spiesser-Lyrik mit HipHop Materialismus gemischt. “Me, or against me” scheint hier tatsächlich Programm zu sein. Es drängt sich wirklich der Eindruck auf, dass er seine eigenen Texte wirklich ernst nimmt. Das tut dann schon etwas weh.


Und als Beweis der gewollten Max-Herrisierung kann dann wohl sein Duett mit Udo Lindenberg gelten. Bitte, bitte lass das eine Idee des Majors gewesen sein, bitte! Anderes wäre wohl kaum entschuldbar. Das ist doch wohl Prostitution und nicht Idol! Oh jeh.


Was den Leser erleichtern dürfte ist, dass Connaisseur_Js Favoriten also genau diejenigen Tracks sind, die ich am wenigsten gesehen hätte. Dann schon lieber

  • 06. Feuer

    unglaublich genial
  • 03. Kartoffeln

    Text slightly too hochnäselnd grenzwertig aber starker Jan Delay trademark Song
  • 09. Ahh’ ich gar nich
  • 10. Raveheart

    Fette Nummer, die dem Album wohl den Namen gibt


Zusammengenommen gibt es aber für mich ein klasse Album, das ich gerne höre. Jan Delay halt. Einfach gro?es, gut gemachtes, eigenständiges Kino mit deutlichter Hinwendung zum Mainstream. Gewollt oder ungewollt. Läuft bei mir in letzter Zeit auf absoluter Dauer-Rotation.


Allerdings sollte es nun an der Zeit sein, der Welt zu erklären, wie oft man den vereinbarten – notwendigen – Termin beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt absagen muss, um so eine Nasalstimme über die Jahre am Leben zu erhalten…

In die CD reinhören:

2 Replies to “Jan Delay – Mercedes Dance”

  1. Nachtrag:
    Oh Mist. Jan, du hast doch ein bisschen selber geschürt, dieses Feuer um Deine Platte. Gerade erinnert mich meine Lebensgefährtin an das Interview in FM4 mit dem Hinweis :_”Ich wollte mal eine deutsche Tanzplatte machen, denn sowas gibt es nicht. Eine reine Tanzplatte so wie Micheal Jackson’s Thriller”_. Verdammt, Du hast die Latte zu hoch gehängt, bist also nicht ganz unschuldig an dem Bohei……Doch auch das macht die Platte nicht schlecht nur die Ansprüche falsch.

  2. Sagen Sie mal Herr Connaisseur_J: warum mu? denn der arme Benny immer als Jan Delay Double herhalten, wenn der echte Deine Nummer noch gar nicht hat. Du Lümmel.

    Und für den Connaisseur_M eine anständige Verabschiedungsformel:

    rock on
    RiotManZ

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